abenteuer-sterne.de über Faszinierendes zu Weltall & Universum
14.08.2015 | Wie groß ist das Universum bzw. welche Größe hat das beobachtbare Universum? … Das ist eine Frage, die alles andere als leicht zu beantworten ist. Unter anderem, weil zunächst viele grundlegende Parameter erklärt werden müssen. Aber, ich versuche es trotzdem:
Nach neuestem Kenntnisstand der Wissenschaft hat sich das Universum vor 13,8 Milliarden Jahren mit dem Urknall in seine Existenz gestürzt (Materie, Raum und Zeit sind dabei aus einer ursprünglichen Singularität entstanden). Um nun fortzufahren, muss erst mal der Begriff „Beobachtbares Universum“ erklärt werden. Nach dem Standardmodell der Kosmologie ist es derjenige Teil, der von einem beliebigen Ort aus (z.B. der Erde) kugelförmig in alle Richtungen unserer Beobachtung zugänglich ist. Da nichts schneller als das Licht ist, würde man für diesen Radius ein Ausmaß von genau 13,8 Milliarden Lichtjahren vermuten und somit sagen: „Wir sehen rings um uns Objekte bis in eine Entfernung von 13,8 Milliarden Lichtjahre“. (Anmerkung: 1 Lichtjahr entspricht einer Strecke von rund 10 Billionen Kilometer).
Doch diese Vermutung ist nicht korrekt. Denn dieser Radius weist nämlich eine Ausdehnung von gut 46 Milliarden Lichtjahren auf – also dreimal so groß. Man nennt diesen Radius auch Partikelhorizont oder Beobachtungshorizont. Berechnet wird er unter Berücksichtigung der Materiemenge des Universums, Einsteins kosmologischer Konstante und der Hubble-Konstante (siehe unten).
Kurzum: Wir können heute zwar Licht sehen, das von Atomen vor mehr als 13 Milliarden Jahren ausgesendet wurde (genauer gesagt einige hunderttausend Jahre nach dem Urknall) und somit auch gut 13 Milliarden Jahre alt ist. Allerdings sind genau diese Atome, die damals dieses Licht entsandten, heute viel, viel weiter weg von uns – nämlich nicht 13,8 Milliarden Lichtjahre, sondern eben 46 Milliarden Lichtjahre.
Schuld an dieser Diskrepanz ist die kontinuierlich beschleunigte Expansion des Universums seit dem Urknall (die wiederum die Dunkle Energie zu verantworten hat – so die derzeitige Lehrmeinung). Aber Achtung: es fliegt seit dem Urknall nicht alles von einem ehemals zentralen Punkt aus davon, sondern es dehnt sich dabei der Raum selbst aus! Siehe dazu die nebenstehende Grafik. (Randnotiz: Die Grafik müsste allerdings so korrigiert werden, dass die Galaxien in der ersten Ebene rötlicher und von ihrer Struktur her auch anders dargestellt werden, als die Galaxien in der obersten Ebene, die den Jetztzustand des Universums zeigen. Denn von uns aus weit entfernte Galaxien erscheinen nicht nur sehr rotverschoben, sondern sahen nach dem Urknall auch anders aus, als heute. Sie Durchlaufen eine Entwicklung, bei der sich Struktur und Form über die Zeit verändert).
Was ganz wichtig ist: Der Urknall ist nicht ein Punkt im Weltall, auf den man von der Erde aus schauen kann. Der Urknall ist vielmehr überall. In jeder Richtung und an jedem Ort. Also beispielsweise auch in Ihrer Hosentasche oder in Nachbars Garten.
Gut vorstellen kann man sich das expandierende Universum mithilfe eines Rosinen-Kuchen. Nicht die Rosinen dehnen sich beim Backen im Ofen aus, sondern der Teig (= der Raum) dazwischen. Eine andere Möglichkeit ist es, sich einen aufgeblasenen Luftballons vorzustellen, auf dessen Hülle man mehrere Punkte im jeweils immer selben Abstand malt und den Ballon dann weiter aufbläst. Alle Punkte entfernen sich dann immer weiter und schneller voneinander, wenn man den Ballon weiter aufbläst. (Randnotiz: Das Universum entspricht der Hülle des Ballons).
Das wiederum bedeutet, dass die 46 Milliarden Lichtjahre, die der Radius (=Partikelhorizont) des beobachtbaren Universums misst, nur für die Jetztzeit gilt! Denn weil sich das Universum kontinuierlich beschleunigt ausdehnt, wächst der Partikelhorizont immer noch weiter an – und zwar unbegrenzt. Derzeit beträgt der Radius für das beobachtbare Universum eben 46 Milliarden Lichtjahre. Und er gilt selbstverständlich für jeden Standort innerhalb des Universums gleichermaßen; nicht nur für die Erde. Jeder Punkt im Universum hat seinen eigenen (jedoch stets gleich großen) Partikelhorizont. Stehen sich zwei solcher Punkte nahe genug, überschneiden sich ihre jeweiligen Partikelhorizonte natürlich. Sie sehen also Teile des selben Raumes.
Nun wird es etwas anspruchsvoller … Dazu müssen wir uns zunächst einen wesentlichen Sachverhalt genauer ansehen. Nämlich das bereits erwähnte Luftballon-Modell, das wir in das Universum übertragen. Stellen Sie sich vor, wir haben vier Punkte. Der eine Punkt repräsentiert die Erde, die anderen drei jeweils eine Galaxie. Die Entfernungen dazwischen seien jeweils immer genau ein Lichtjahr groß. Stellen Sie sich nun weiter vor, wir lassen den Raum mit einer Geschwindigkeit von 50 km/s ausbreiten. Folglich entfernt sich Galaxie A von der Erde mit 50 km/s. Galaxie B entfernt sich von Galaxie A ebenso mit 50 km/s. Und Galaxie C entfernt sich von Galaxie B natürlich auch mit 50 km/s. Aber: Aus Sicht der Erde entfernt sich die Galaxie B nicht mit 50 km/s, sondern mit 50 km/s + 50 km/s (= 100 km/s); also doppelt so schnell. Und Galaxie C entfernt sich aus Sicht der Erde sogar mit 50 km/s + 50 km/s + 50 km/s. Also dreimal so schnell.
Überträgt man das in eine Formel, so ergibt sich immer eine Konstante, wenn wir die Geschwindigkeit, mit der sich zwei Punkte aufgrund der Raumausdehnung voneinander entfernen, durch deren Abstand teilt. Und genau das beschreibt der sogenannte Hubble-Parameter H (t). Von der Hubble-Konstante spricht man dann, wenn man für das (t) das jetzige Alter des Universums einsetzt (also 13,8 Milliarden Jahre). Dieser Hubble-Parameter hat derzeit einen Wert (der auch durch Messungen im Weltall bestätigt ist) von ca. 70 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec (1 Megaparsec entspricht etwa 3 Millionen Lichtjahre).
Aufs All bezogen bedeutet dieser Wert: Zwei Galaxien, die im Abstand von 1 Megaparsec zueinander stehen, entfernen sich aufgrund der derzeitigen Expansion des Alls mit 70 km/s relativ voneinander. Der Hubble-Parameter ist eine Funktion der Zeit. Sein Wert H war unmittelbar nach dem Urknall (nämlich in der Inflationsphase des Universums) extrem (!) groß. Danach wurde H schnell kleiner und im weiteren Verlauf dann sukzessive noch kleiner (verzögerte Expansion). Seit etwa 1 Milliarde Jahre nimmt der Wert H allerdings wieder zu (beschleunigte Expansion). Dieser gesamte Verlauf ergibt sich auf Basis der sogenannten Friedmann-Universen. Im nachfolgenden Diagramm ist es die rote Kurve. Die Steigungen der vier Kurven entsprechen dem Hubble-Parameter H(z). (Randnotiz: zeitgleich, aber unabhängig davon, wird ein anderer Wert immer größer. Nämlich die sogenannte Hubble-Sphäre, die ich Ihnen gleich vorstellen werde).
Friedmann-Universen. Der Verlauf der roten Kurve entspricht der Expansions-Entwicklung unseres Universums. Die anderen drei Kurven beginnen zu wenig lange her in der Vergangenheit und ergäben Universen, die deutlich jünger wären, als 13.8 Mrd Jahre (was als recht gut gesichert gilt). Die Steigung der Kurven entspricht dem Hubble-Parameter H(z).
Wir gehen einen Schritt weiter: Licht breitet sich im Vakuum bekanntlich mit Lichtgeschwindigkeit aus – also mit rund 300.000 km/s. Die Frage ist nun: wie schnell muss sich ein Raumvolumen, in das eine Galaxie eingebunden ist, von uns entfernen, dass uns das Licht dieser Galaxie auf der Erde nicht mehr erreicht? Logischerweise muss sich das Raumvolumen mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen! Zwar kommt das Licht der Galaxie immer noch mit Lichtgeschwindigkeit auf uns zu; doch gleichzeitig fliegt die Quelle des Lichtes, nämlich die Galaxie, mit Lichtgeschwindigkeit von uns weg. In diesem Fall erreicht uns auf der Erde von dieser Galaxie kein Lichtteilchen (Photon) mehr. Denn durch die Expansion des Raumes sind diese Photonen „unendlich rotverschoben“ und damit „unendlich dunkel“. Die beiden Licht-Geschwindigkeiten heben sich also nicht zu Null auf (was ein Widerspruch zu Einsteins Theorie wäre), sondern das Licht, das uns erreicht, ist schlichtweg durch die Expansion des Raumes zu dunkel, als dass wir es noch sehen und messen könnten. (Randnotiz: natürlich ist auch keine Addition von Lichtgeschwindigkeiten möglich. Ein Laserstrahl bewegt sich beispielsweise nicht plötzlich mit doppelter Lichtgeschwindigkeit fort, wenn man ihn in Fahrrichtung aus einem Zug „abfeuert“, der selbst mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist. Lichtgeschwindigkeit + Lichtgeschwindigkeit = Lichtgeschwindigkeit). Diese starke Rotverschiebung sehr weit entfernter Galaxien sieht man übrigens auch sehr gut auf dem sogenanten Hubble Deep Field. Also dem Foto, dass das Hubble Weltraumteleskop 1995 von einem gerade nur rund 2 Vollmondscheiben großen Durchmesser im Sternbild Großer Bär machte, auf dem nach fertigstellung über 3000 Galaxien gut bis sehr gut erkennbar waren. Je weiter die Galaxien entfernt waren, desto kleiner, röter und strukturloser waren sie auf dem Foto zu sehen (Randnotiz: das Hubble Deep Field enthielt noch entfernte Galaxien mit einer Rotverschiebung von z=6, was einer Entfernung von 12 Milliarden Lichtjahten entspricht).
Doch zurück zum Thema: Wir können nun genau die zugehörige Entfernung berechnen, bei der genau dieser Fall eintritt, dass uns gerade kein messbares Licht mehr von dort erreicht. Und zwar: Hubble-Radius D (t) = Lichtgeschwindigkeit geteilt durch Hubble-Parameter H (t). Also: 300.000 km/s geteilt durch 70 km/s pro Megaparsec = 14 Milliarden Lichtjahre.
Wie wir soeben berechnet haben ist eine Galaxie, die sich gerade mit der Lichtgeschwindigkeit entfernt, also etwa 14 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Und das gilt natürlich auch ganz allgemein: alle Objekte, die genau diesen Abstand zu uns haben, entfernen sich von uns mit Lichtgeschwindigkeit. Dort ist also die Fluchtgeschwindigkeit gleich die Lichtgeschwindigkeit. Und zu diesem Abstand bzw. Radius sagt man Hubble-Sphäre (hubble sphere) oder auch Hubble-Radius. Beschrieben wird er durch eine Kugel. Alle Objekte innerhalb dieser Kugel entfernen sich mit Unterlichtgeschwindigkeit von uns, alle genau auf der Kugelfläche mit Lichtgeschwindigkeit und alle Objekte jenseits der Kugelfläche mit Überlichtgeschwindigkeit. Das scheint zunächst ein Widerspruch zu Einsteins Spezieller Relativitätstheorie zu sein, die ja besagt, dass die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist und es nichts geben kann, dass schneller als Licht ist. Doch wie oben schon erwähnt, widerspricht eine überlichtschnelle Raum-Expansion nicht der Einsteinschen Theorie. (Randnotiz: rein formal betrachtet, gibt es keine Überlichtgeschwindigkeit. Doch wendet man das Hubble-Gesetz auf sehr rotverschobene Galaxien an, dann kommt es rechnerisch zu Überlichtgeschwindigkeit).
Vermutlich ist jetzt dann gleich die Verwirrung perfekt. Denn nun müssen wir uns auch noch den sogenannten Ereignishorizont (event horizon) ansehen. Dieser befindet sich außerhalb der gerade beschriebenen Hubble-Sphäre (Radius = 14 Milliarden Lichtjahre), aber noch innerhalb des beobachtbaren Universums (Radius = 46 Milliarden Lichtjahre). Im Standardmodell der Kosmologie liegt der Radius dieser Hubble-Sphäre bei einer Entfernung von gut 16 Milliarden Lichtjahren. Dieser Horizont existiert, weil sich das Universum nicht nur ausdehnt, sondern beschleunigt ausdehnt. Und er sagt uns quasi etwas über die Zukunft. Nämlich, wie weit ein Objekt heute maximal von uns entfernt sein darf, so dass uns sein Licht irgendwann in der unendlichen Zukunft prinzipiell erreichen kann.
Man könnte nun vermuten, dass dieser Ereignishorizont mit der Hubble-Sphäre zusammenfällt, weil uns Lichtteilchen nie erreichen können, wenn sie in einem Bereich ausgesendet werden, der sich mit „Überlichtgeschwindigkeit“ von uns entfernt, nämlich jenseits der Hubble-Sphäre (Sie erinnern sich: hier ist dann die kosmologische Rotverschiebung unendlich). Aber: da die Hubble-Sphäre zukünftig noch ein wenig anwachsen wird, können manche Lichtteilchen wieder in den Bereich innerhalb der Hubble-Sphäre „hineinrutschen“. Die Entfernung, bei der sich Objekte gerade mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen (also die Hubble-Sphäre) liegt dann nicht mehr wie heute bei 14 Milliarden Lichtjahren Radius, sondern bei 16 Milliarden Lichtjahren. Ein Lichtteilchen (Photon), dass sich damals genau auf der Hubble-Sphäre befand, liegt nun auf einmal in einem Bereich, in dem sich der Raum mit deutlich Unterlichtgeschwindigkeit von uns entfernt. Und so kann uns das Lichtteilchen dann doch erreichen, obwohl sich die Galaxie, die es einst entsendet hat, mit Lichtgeschwindigkeit oder gar „Überlichtgeschwindigkeit“ von uns entfernt hat oder immer noch entfernt. Das ist mit „hineinrutschen“ gemeint. (Randnotiz: leider ist auch die Sache mit der „zukünftig noch ein wenig anwachsenden Hubble-Sphäre“ nicht ganz so eindeutig. Denn ob die Hubble-Sphäre anwächst oder abnimmt hängt davon ab, welches Maß man für die Zeit nimmt (kosmische Zeit oder konforme Zeit) und welches für die Entfernung (Eigendistanz oder mitbewegte Entfernung. Das macht die ganze Angelegenheit leider ziemlich kompliziert und somit auch den Versuch, es zu erklären und zu beschreiben).
Licht, das jetzt von Galaxien ausgesendet wird, die sich jenseits des Ereignishorizontes befinden (also somit jenseits des Radius von 16 Milliarden Lichtjahren), kann uns auf der Erde niemals erreichen, weil der Raum zwischen der Galaxie und uns einfach zu schnell expandiert.
Kurzum: Wir können also nur diejenigen Ereignisse in einer Galaxie von der Erde aus sehen, die in dieser Galaxie vor dem Überschreiten des Ereignishorizontes stattgefunden haben.
Es gilt ganz allgemein: Objekte und Ereignisse jenseits des Ereignishorizontes stehen in keiner kausalen Verknüpfung mehr mit uns, so dass uns von dort keine Informationen mehr erreichen können. Dies gilt auch in umgekehrter Richtung.
Da der Ereignishorizont nicht unbegrenzt wächst (Randnotiz: er nähert sich vielmehr einem Grenzwert an; siehe nachfolgende Grafiken), überschreiten alle Objekte irgendwann den Ereignishorizont (event horizon), weil die Entfernungen zwischen den Objekten aufgrund der Raum-Expansion unbegrenzt wachsen. Dies gilt allerdings nicht für alle gravitativ an unsere Umgebung gekoppelte Objekte. Das sind diejenigen, die sich in einer Entfernung von ein paar Millionen Lichtjahren aufhalten – also alle Galaxien der lokalen Gruppe. Mit diesen werden wir in etwa 100 Milliarden Jahren alleine sein. Alles andere liegt dann nämlich schon hinter dem kosmischen Ereignishorizont.
Der Radius des beobachtbaren Universums (=Partikelhorizont; in der Garfik grün) wird immer größer, je mehr Zeit vergeht (je höher also die blaue Linie wandert). Die schwarzen Pfeile zeigen den Stand heute, also 13,8 Mrd. Jahre nach dem Urknall. Das beobachtbare Universum hat hier einen Radius von 46 Mrd. Lichtjahren um uns herum. Man sieht auch, wie sich mit der Zeit die Hubble-Sphäre (violett) und der Ereignishorizont (gelb) immer mehr annähern.
Hier eine animierte Version:
Expansion des Universums: Zeitliche Entwicklung der Ausdehnung und Horizonte des Universums. Unten aufgetragen wieder die Entfernung D (in Mrd. Lichtjahren) und nach oben die Zeit t (in Mrd. Jahren) bzw. der Scalefactor α. Schön zu sehen ist, wie sich der Lichtkegel (light cone) in expandierenden Raumzeiten zu „Vergangenheitslichtbirnen“ verformt.
(Bildquelle: wikipedia, Yukterez | Simon Tyran, Vienna).
Es bedeutet, dass wir Licht von Galaxien sehen, die heute zwar 46 Milliarden Lichtjahre entfernt von uns sind. Doch als sie dieses Licht seinerzeit ausgesendet haben, waren Sie viel näher an der Erde. Nämlich nur 40 Millionen Lichtjahre entfernt (das kann man berechnen). Andererseits bedeutet es, dass wir einen Lichtblitz, den ein Objekt in einer Entfernung von 46 Milliarden Lichtjahren in diesem Moment aussendet, niemals sehen können. Und es bedeutet ebenso, dass alle Objekte, die innerhalb des Radius des beobachtbaren Universums (also innerhalb der 46 Milliarden Lichtjahre) Licht aussenden, von uns nicht zwangsläufig irgendwann einmal gesehen werden. Ist dieses Objekt aber maximal 16 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt (und damit innerhalb des kosmischen Ereignishorizontes), können wir Licht, das es jetzt gerade abstrahlt und in Richtung Erde schickt, irgendwann einmal in der unendlichen Zukunft bei uns eintreffen sehen.
Ob wir das Licht eines frisch geborenen oder gerade sterbenden Stern in einer Galaxie sehen können, hängt also davon ab, wie weit entfernt sich diese Galaxie zu genau diesem Zeitpunkt von uns befindet. Passiert das in einem Bereich kleiner als 14 Milliarden Lichtjahren um uns herum (also innerhalb des Hubble-Radius bzw. der Hubble-Sphäre), wird uns das Licht dieses Ereignisses auf der Erde erreichen können.
Am Ende dieses langen Artikels bleibt mir nur eines zu sagen: Ich habe Sie gewarnt … (dass es durchaus etwas schwierig wird).
Ergänzung (Juli 2017):
Da wir bei unseren Stern-Führungen immer wieder gefragt werden, wie weit man denn mit unserem 120 mm Großfernglas (APM 120 SD-Apo Großfernglas) ins Weltall sehen würde: Aufgrund der Objektivöffnung von 120 mm (pro Auge) ergibt sich (bei sehr dunklem und transparentem Himmel) eine Grenzgröße von etwa 13,5 mag (bis knapp 14 mag). Somit sind z.B. einige Quasare zu sehen (also aktive, extrem helle Kerne weit entfernter Galaxien), die von uns ca. 4-5 Milliarden Lichtjahre entfernt sind. Z.B. der Quasar 3C 273, dessen Licht ca. 2,5 Mrd. Jahre unterwegs war bis es uns erreicht hat. Oder, wenn auch an der visuellen Wahrnehmungsgrenze, der Quasar bzw. Blazar 3C 66A, dessen Licht ca. 4,5 Mrd. Jahre unterwegs ist, bis es uns erreicht hat. Wegen der Expansion des Universum sind diese Objekte aber mittlerweile schon weiter weg als 2,5 bzw. 4,5 Mrd. Lichtjahre. 3C 66A nämlich bereits ca. 5,4 Mrd LJ (statt 4,5 Mrd. Lichtjahre). Also eine durchaus beachtlich Leistung für ein solches 120 mm Grossfernglas.
20 Comments
Hallo Herr Philipp,
ich fürchte nach einem Kommentar von Herrn Herterich haben Sie Ihren Artikel verschlimmbessert. Ich bin kein Kosmologe, vielleicht deshalb versuche ich die Sache möglichst anschaulich zu verstehen. Mir stellt sich die Sache mit der Überlichtgeschwindigkeit so dar:
Eine Galaxie jenseits der Hubblesphäre bewegt sich nicht (nennenswert) im Raum, sondern der Raum zwischen ihr und uns wächst schneller als Lichtgeschwindigkeit – wird pro Sekunde mehr als 300.000km größer. Dadurch wächst der Abstand mit Überlichtgeschwindigkeit. Die Spezielle Relativitätstheorie ist dafür nicht zuständig, sie gilt in Inertialsystemen, und das ist der expandierende Raum definitiv nicht.
Licht, das von dieser Galaxie in unsere Richtung geht, bewegt sich im näherungsweisen Inertialsystem dieser Galaxie mit Lichtgeschwindigkeit auf uns zu (SRT), gleichzeitig entsteht zwischen dem Licht und uns Raum (ART). Das eine ist eine echte Geschwindigkeit durch den Raum, das andere Änderung einer Länge pro Zeit (sollte man zur Unterscheidung vielleicht Expansionsgeschwindigkeit oder recession velocity nennen). Man kann diese beiden Werte sehr wohl addieren / subtrahieren.
Trotzdem kann das Licht uns erreichen. Jedes Lichtjahr, das das Licht lokal zurücklegt, liegt ja dann dahinter und dessen Expansion vergrößert den Abstand zur Quelle und nicht zu uns. So kann das Licht die Hubblesphäre erreichen und schließlich uns. Auf dem ganzen Weg wirkt nur die Expansion des Raumes zwischen uns und dem Licht. Ob es uns tatsächlich erreicht hängt von der Entwicklung des Hubblefaktors ab.
Auch die Sache mit der Rotverschiebung stimmt leider nicht ganz. Natürlich erschwert die Rotverschiebung und die Entfernung die Beobachtung. Die größte Rotverschiebung hat aber die Hintergrundstrahlung, etwa 1100, und die messen wir sehr wohl. Die Kosmologische Rotverschiebung zeigt einfach, wie viel sich der Raum seit Aussendung gedehnt hat. Analog dem Luftballonmodell: eine auf die Ballonhaut gezeichnete Welle dehnt sich exakt um den gleichen Wert wie die Haut.
Viele Grüße,
Reinhard W
Ich sehe es so: schauen wir in den Weltraum, schauen wir in die Vergangenheit; somit müssten wir gaaanz weit weg den Weltraum kurz nach dem Urknall sehen – aber dann müsste er nicht unendlich groß, – sondern sehr klein sein. Demnach wäre unendlich groß und unendlich klein ein geschlossener Kreis.
Dreidimensionale Denkweise funktioniert hier also nicht mehr – die Berücksichtigung der 4. Dimension (Zeit) dürfte des Rätsels Lösung sein, doch das übersteigt die menschliche Vorstellungskraft.
Hallo,
wenn man davon ausgeht, dass die Unendlichkeit nicht sichtbar ist – ähnlich wie das „unendlich Kleine“(Mikrokosmos), läge es doch nahe, dass es sich hierbei unter Einbeziehung 4. Dimension(Zeit) um einen „Kreislauf“ handelt? Wenn man sich auf der Oberfäche einer Kugel(dreidimensional) immer in eine Richtung bewegt, kommt man irgendwann wieder am Ausgangspunkt an – könnte dieses auch für das vierdimensionale Weltall gelten?
MfG Rudi
Hallo Rudi, aus meiner Sicht könnte das so sein, ja.
Hallo Herr Philipp,
ich habe Ihre sehr interessanten Ausführungen gelesen und das meiste verstanden. Ich bin nur Chemiker und pensionierter Feuerwehr-Offizier.
Ich habe aber folgendes Problem:
Sie schreiben oben:
„.. Logischerweise muss sich das Raumvolumen mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen! Zwar kommt das Licht der Galaxie mit Lichtgeschwindigkeit auf uns zu; doch gleichzeitig fliegt die Quelle des Lichtes, nämlich die Galaxie, mit Lichtgeschwindigkeit von uns weg. In diesem Fall erreicht uns auf der Erde kein Lichtteilchen (Photon) dieser Galaxie mehr. Denn die resultierende Geschwindigkeit des Lichtteilchens ist Null.“
==> Ich habe aber gelernt, dass sich das Licht unabhängig von der Geschwindigkeit des „Licht-Aussenders“ immer mit der gleichen Geschwindigkeit bewegt.
Ich habe neulich mit meinem Freund Rein über die Ausdehnung des Weltalls diskutiert. Er meinte: Angenommen das Weltall würde sich mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnen, dann würde das Licht der Sterne gar nicht bei uns ankommen.
Das klingt vernünftig. Wenn man nämlich aus einem fahrenden Auto einen Stein mit der gleichen Geschwindigkeit wie das Auto nach vorne wirft, hat dieser Stein (von einem ruhendem Beobachter aus gesehen) die doppelte Geschwindigkeit. Und wenn man diesen Stein mit der gleichen Geschwindigkeit wie das Auto nach hinten wirft, bleibt er (von einem ruhenden Beobachter am Straßenrand gesehen) in der Luft stehen.
Er har dann die Gesamtgeschwindigkeit V gesammt = V Auto – V Stein = Null
Aus diesem Grund werden ja auch die Raketen der ESA von Guyana aus gestartet. Durch die Nähe zum Äquator bekommt die Rakete die Erdgeschwindigkeit (40.000 km in 24 Stunden = 0,46 km/sec) schon mal als kostenloses „Startguthaben“ um die Kreisbahngeschwindigkeit von 7,9 km/sec zu erreichen.
Leider stimmt diese Überlegung für das Licht nicht.
Erstaunlicherweise ist es dem Lichtstrahl völlig egal, in welche Richtung er von einem bewegten Objekt aus „gestartet“ wird. Er ist immer 300.000 km/sec schnell für einen außenstehenden Beobachter. Egal, ob er „nach vorne“ oder „nach hinten“ geschossen wird! Das ist für unseren verstand unlogisch und nicht zu begreifen. Aber Herr Einstein hat das bewiesen und bisjetzt hat das noch keiner widerlegt.
Demnach bewegt sich das Licht auch von einem Stern, der sich mit Lichtgeschwindigkeit von uns fortbewegt, mit Lichtgeschwindigkeit auf uns zu. Und nicht -wie der vom Auto nach „hinten“ geworfenene Stein- langsamer.
Das kann also nicht der Grund sein, dass man nicht über den Rand des Universums hinaussehen kann.
Vielleicht können Sie mir auf die Sprünge helfen??
Dr. Helmuth Herterich
doc-herterich@freenet.de
helmuth-herterich.jimdo.com
Hallo Herr Herterich! Vielen lieben Dank für Ihren Kommentar und Ihre Ausführungen. Denn diese führten dazu, dass ich mir den Artikel nochmals intensiv zur Brust nahm und ein paar der Formulierungen, auf die Sie Ihre Aussagen stützen, besser und „richtiger“ formulierte. Bei dem Versuch, gerade die Laien unter den Lesern anzusprechen, geschah die etwas arg oberflächlich ausgedrückte Sache mit der Überlichtgeschwindigkeit und der sich zu Null addierenden Lichtgeschwindigkeiten. Natürlich haben Sie völlig Recht: Lichtgeschwindigkeit bleibt immer Lichtgeschwindigkeit. Der Grund, warum man in der Nähe de Hubble-Radius und erst recht darüber hinaus nichts mehr vom Licht auf unserer Erde empfangen kann (sprich sehen und messen kann) ist schlichtweg die Rotverschiebung des Lichtes (= kosmologische Rotverschiebung). Diese wird bei Lichtgeschwindigkeit unendlich. Zudem schlägt auch noch das Abstandsgesetzt zu, so dass das Licht, das wir von dort „draußen“ empfangen, nicht nur unendlich rot, sondern auch noch unendlich dunkel für uns geworden ist. Richtig ist, dass der Raum expandiert. Die Galaxien sind lokal in einem Raumpunkt verankert. Und genau dieser entfernt sich von uns in Folge der kosmischen Expansion. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Hubble flow“, in dem die Galaxien quasi „mitschwimmen“. Ich hoffe, dass mit den Verbesserungen im Artikel nun alles klarer und verständlicher geworden ist. Nochmals vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Fragen. Schöne Grüße! Manuel Philipp
Lieber Herr Philipp,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Ich werde mich heute Abend etwas tiefer in Ihre Ausführungen einarbeiten. Es bleibt trotzdem schwierig. Hoffentlich ist die Erklärung mit dem „Hubble-Flow“ nicht nur eine (hilfreiche) Hypothese.
Rückblickend wissen wir, dass die „Wissenschaft“ unserer Vorfahren arg oft falsch lag. Und wie Ernst Mach sagte, sind unsere „Erklärungen“ meist nur Beschreibungen. Doch dies ist eine ander Geschichte
Vielleicht könne Sie mir auch mit dem Phänomen der „Akkretion“ helfen:
https://helmuth-herterich.jimdo.com/die-bildung-der-galaxien-und-der-2-hauptsatz/
Da habe ich auch so meine Probleme mit der Entropie-Erniedrigung in einem geschlossenen System.
Nochmals vielen Dank und viel Erfolg im Beruf und anderswo,
Helmuth Herterich
Ihr
Helmuth Herterich
Hallo Herr Phillipp
Im Rahmen einer Diskusion habe ich anhänglichen Wortlaut an einen Kollegen geschickt, Sind meine Ausführungen richtig ??
Die Strahlung von der ich da rede, soll angeblich noch vom Urknall übrig sein, man kann sie Messen und sehen, heißt es.
http://units.wikia.com/wiki/Light-day = Ist der Link zur Entfernung der LG / Tg.in km
Die Strahlung hat eine Fluchtgeschwindigkeit von 25,92 Milliarden km/Tag = 172,8 Astronomische Einheiten = AE, 1ne AE = 150 000 000 km = der mittlere Abstand von der Erde zur Sonne
Jetzt rechne dir aus welche Entfernung das Licht/Strahlung in 13,7 Milliarden Jahren zurücklegt.
Da Licht oder Magnetische Wellen keine Trägerobjekte, so wie Schallwellen die Luft oder das Wasser, benötigen,können sie sich im absoluten Nichts ausbreiten und ungehindert Ihres Weges Ziehen. Und du erinnerst dich dass du mir auch bestätigt hast, so wie in der Doku,
dass die Singularität im absoluten Nichts explodiert ist, also muß sich das Licht/Strahlung, da es eine konstante Geschwindigkeit hat, 300 000 km/s im nichts verflüchtigt haben, da die Explosionsgeschwindigkeit um einiges geringer war, muss das Licht/Srahlung schneller gewesen sein.
Wie die Forscher schreiben od. sagen, und du mir es in einem Beitrag in Erinnerung gerufen hast, das vor dem Urknall nicht Raum nicht Zeit vorhanden waren, muß sich das Licht/Strahlung in der Unendlichkeit des absoluten Nichts verflüchtigt habern
Wie kann jetzt noch Restlicht/Strahlung/Magnetische Wellen zu messen sein oder zu sehen sein wenn die Große Geschwindigkeit der Strahlung 13,7 Milliarden Jahre Zeit hat sich im unendlichen nichts zu verflüchtigen
Hallo Herr Bauer, ja, die Zahlenwerte sind ok. Allerdings verstehe ich den letzten Teil Ihrer Ausführungen nicht: „… in der Unendlichkeit des absoluten Nichts verflüchtigt“ und „… wie kann jetzt … noch was zu messen sein“. Der Urknall war so gesehen ja überall; also kommt die (Rest)Strahlung des Urknalls (Hintergrundstrahlung) heute von überall (aus allen Richtungen) und nicht (nur) aus einer bestimmten Richtung, so dass die Strahlung sich einfach „in der Unendlichkeit verflüchtigen“ kann bzw. könnte. Durch die Expansion des Raumes geschieht immer noch eine Abkühlung und somit (Stichwort Schwarzkörperstrahlung) hat die Strahlung, die man jetzt noch vom Urknall misst (eben diese Hintergrundstrahlung), eine Temperatur von nur mehr 2,7 Kelvin. Vielleicht verstehe ich aber auch den Kern Ihrer Überlegungen nicht.
Hallo Herr Neukamm,
diese Aussage ist schon ein bißchen gewagt:
„Das scheint zunächst ein Widerspruch zu Einsteins Spezieller Relativitätstheorie zu sein, die ja besagt, dass die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist und es nichts geben kann, dass schneller als Licht ist. Doch Einsteins Theorie gilt hier nicht, weil der Raum selbst expandiert.“
Was spricht denn dagegen, daß die mit fast Lichtgeschwindigkeit bewegten Massen so groß werden so das sie die kritische Masse (Schwarzschild usw) zum kolabieren zu „scwarzen Löchern erreichen?
Durch die extremen Massen dürfte auch kein Licht mehr entweichen (Rotverschiebung).
Alles im Einklang mit Einstein …
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie bei dieser Frage meine Vorstellungskraft aufhört. So stellt sich mir auch immer wieder die Fragen: Was war vor dem Urknall? Was wäre, wenn Gott die Welt nicht erschaffen hätte? (Irgendwie unsinnig diese Frage!!!) Bei Rudolf Steiner/Anthoprosophie las ich einmal, daß es um Urbeginn keine Zeit gab. Ist das überhaupt möglich? / War das vor dem Urknall? Wenn ich da Ihre Antworten bokommen könnte, wäre das sehr nett und interessant für mich, denn das beschäftigt mich schon seit über 40 Jahren. Auf dieser Seite fand ich zum ersten Mal eine Möglichkeit, eine Antwort zu bekommen.
Hallo Herr Wischmeier! Genau so ist es: mit dem Urknall entstand erst die Zeit (und der Raum, der seither und immer schneller aufgrund des Vorhandenseins Dunkler Energie expandiert). Denn wenn überall alles gleich ist (z.B. überall die exakt gleiche Temperatur), dann gibt es keinen Unterschied (keine Abfolge irgendwelcher Ereignisse) und somit gibt es auch keine Zeit. An einem Zeitpfeil kann man Veränderungen ablesen bzw. steht dieser für Veränderung. Ohne Veränderung, keine Zeit. Ist es plötzlich irgendwo heißer als anderswo, liegt eine Veränderung vor und damit ist unumkehrbar ein Prozess verbunden, in dem Zeit verging/vergeht. So jedenfalls die gängige Meinung der Kosmologen. Einige Wissenschaftler vermuten jedoch, dass der Urknall nichts weiter sei als der Übergang von einem expandierendem in ein wieder „zusammenbrechendes“ Universum und sich dieser Prozess unedlich periodisch fortsetzt. Wäre dies wirklich so, dann war vor dem Urknall doch schon (mal) die Zeit vorhanden und sie entstand nicht erstmals mit dem einen einzigen Urknall (den die Urknall-Theorie als Beginn von allem festlegt). Es gäbe somit auch ein Davor und nicht nur ein Danach. Weil es zum Zeitpunkt des Urknalls jedoch keine Beobachter gab, bleibt das alles nach wie vor sehr nebulös und bietet genug Potential für noch sehr viel Forschungsarbeit.
Hallo Herr Philipp,
vor einiger Zeit las ich das Buch „Kleines 1×1 der Relativitätstheorie“ (Springer-Verlag Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-85201-8) von G. Beyvers und E. Krusch. Die Autoren definieren den Partikelhorizont als Weltlinie eines durch die Hubble-Expansion von uns weggetragenen Objektes mit unendlich hoher Rotverschiebung, was mir sehr plausibel erscheint. Selbstverständlich divergieren alle Weltlinien der im Hubble’schen Sinne fortstrebenden Objekte, sodass es auch zwischen dem Partikelhorizont (als spezielle Weltlinie) und den übrigen Weltlinien für alle t>0 keinerlei Schnittpunkte gibt.
Bei der Betrachtung des von Ihnen publizierten Raumzeit-Diagramms (s.o.) fällt hingegen auf, dass der Partikelhorizont etwas flacher verläuft als die Weltlinien, d.h. dass er letztere schneidet, wobei der jeweilige Schnittpunkt für kleinere z bei früheren kosmischen Zeiten liegt und für größere z entsprechend bei späteren Zeiten.
Diese Diskrepanz zu Beyvers/Krusch kann ich mir nicht recht erklären. Können Sie mir bitte diesbezüglich gedanklich „auf die Sprünge“ helfen? Vielen Dank vorab.
Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Kluge
Hallo Herr Kluge, vielen Dank für diese interessante Frage, die mich ziemlich ins Schwitzen brachte, weil ich darauf zunächst keine Antwort hatte. Denn bisher habe ich mir keine Gedanken über die von Ihnen angesprochenen Schnittpunkte der Geraden gemacht. Da ich kein ausgebildeter Kosmologe bin, fällt mir etwas schwer, die richtigen Begrifflichkeiten für meine Antwort zu finden; doch ich versuche es :-).
Die von Ihnen angesprochene Diskrepanz hat eine Ursache: Der Partikelhorizont ist schlichtweg keine Weltlinie! Der Partikelhorizont reicht nämlich bis zu t = 0 zurück (also bis zum Urknall). Die Weltlinien hingegen (im Diagramm gepunktet dargestellt) repräsentieren Galaxien mit jeweils unterschiedlicher Rotverschiebung. Diese „starteten“ jedoch später (also bei t >0), weil Galaxien ja nicht beim Urknall entstanden sind. (die Werte für z „starten“ erst dann, wenn uns das Licht überhaupt erreicht). Insofern schneidet die grün gestrichelte Linie des Partikelhorizonts in dem Diagramm schlichtweg alle Weltlinien. Ersichtlich wird das in einem weiteren Diagramm (ebenso von Tamara Davis), das ein unbewegtes (!) Koordinatensystem als Basis hat („Comoving Distance“). Es zeigt den Blick quasi von „innen“ aufs Universum mit einer eingefrorenen Expansion (und somit auch einer eingefrorenen Rotverschiebung der Galaxien). Die gepunkteten Weltlinien laufen jetzt senkrecht und parallel (und vor allem: man sieht jetzt, dass sie nicht von t = 0 ausgehen). Die grün gestrichelte Linie des Partikelhorizonts schneidet alle Weltlinien (weil sie von t = 0 ausgeht). Die Autoren des von Ihnen genannten Buches (die relevante Grafik habe ich mir angesehen) haben es also nicht richtig dargestellt (die Integralgrenzen sind falsch). Ich hoffe, dass Ihnen meine Erklärungen gut auf die Sprünge helfen … Schöne Grüße, Manuel Philipp
Hallo Herr Philipp, besten Dank für Ihre rasche Antwort. Ihre Ausführungen haben meinen Denkprozess auf jeden Fall entscheidend voran gebracht. Mit Ihrer Kernaussage, dass der Partikelhorizont keine Weltlinie sein kann, gehe ich nunmehr konform.
Auch wenn Sie schreiben, dass die Weltlinien von Galaxien nicht bei t=0 starten, ist das zweifellos richtig, denn die Galaxien entstanden erst wesentlich später, wie wir wissen. Überhaupt können wir ja elektromagnetische Strahlung erst ab dem Zeitpunkt der Rekombination detektieren, also ca. 380000 Jahre nach dem Urknall (Gamma-Entkopplung, „Freisetzung“ des CMB). Vorher herrschte ein Plasmazustand, in dem die ungehinderte Ausbreitung der Photonen auf Grund von Streuprozessen nicht möglich war.
NUR: Unbeschadet dieser realen physikalischen Komplikationen können wir doch das Verhalten unseres theoretisch-mathematischen Expansionsmodells studieren, indem wir einfach so tun, als habe es bereits bei t=0 irgendwelche Objekte gegeben, die Lichtquanten in unsere Richtung emittierten, welche sich ungehindert (nur vom Hubble-Strom beeinflusst) ausbreiteten. Werfen Sie doch bitte nochmal einen genauen Blick auf das RZD mit Comoving Distance von Tamara Davis. Die (gepunkteten, senkrecht und parallel verlaufenden) Weltlinien beginnen doch sehr wohl alle bei t=0 (und eben nicht – wie Sie fälschlicherweise ausführen – erst später)! Diese Weltlinien repräsentieren eben jene rein theoretischen Objekte, von denen ich oben sprach (d.h. keine realen Galaxien). Was man hingegen sehr schön sieht, ist, dass alle Weltlinien mit z>0 in RÄUMLICHER Hinsicht nicht am Nullpunkt beginnen – ganz im Gegensatz zum Partikelhorizont. (Ich vermute, Sie wollten genau dies ausdrücken, haben es aber in der Eile lediglich falsch formuliert.) Genau dieser räumliche Versatz der Weltlinien bereits bei t=0 in der „Innenansicht des Universums“ (wie Sie es sehr treffend ausdrücken) führt uns nämlich eindrucksvoll die Tatsache vor Augen, dass man sich den Urknall nicht als irgendeine punktförmig initiierte Explosion innerhalb des Raumes vorzustellen hat, sondern als Anfangszustand unbeschreiblich hoher Energiedichte, welcher den GESAMTEN (im Modell auch bereits bei t=0 unendlich ausgedehnten) Raum durchsetzte – Sie weisen auf diesen Umstand eingangs Ihres Hauptartikels explizit hin – Stichwort „Urknall in unserer Hosentasche“ :-). Mithin „existierten“ (gemeint ist damit im Modell, nicht real) schon bei t=0 Lichtemitter, die näher an uns dran waren (kleine z), sodass uns ihre Photonen vom Urknall schon sehr früh erreichten. Andere waren bereits bei t=0 weiter entfernt, d.h. deren Urknall-Licht erreicht uns erst gegenwärtig oder zukünftig (größere z). Lassen wir z gegen unendlich streben, so erreicht uns das beim Urknall von einem solchen hypothetischen Objekt ausgesandte Licht erst in unendlich ferner Zukunft (also überhaupt nicht mehr). Darüber hinaus „existieren“ noch unzählige solcher Lichtemitter, die schon bei t=0 eine derart große Fluchtgeschwindigkeit uns gegenüber aufwiesen, dass uns niemals ein Lichtquant von ihnen erreichen kann – weder ein bei t=0 emittiertes und erst recht kein später emittiertes. An die Weltlinien der letztgenannten Objekte kann man keine Zahlenwerte für deren Rotverschiebung mehr dranschreiben – z ist dafür quasi „hyperunendlich“. Wenn wir nun vom Partikelhorizont sprechen, so meinen wir damit nicht etwa die Entfernung des emittierenden Objektes zum Zeitpunkt t=0, sondern dessen Entfernung von uns, sobald dessen bei t=0 ausgesandtes Licht an unserem Ort eintrifft.
Abschließend noch eine Arbeitshypothese im Rahmen meines individuellen Lernprozesses, die sich aber durchaus als falsch herausstellen kann. Schauen wir uns dazu nochmals das RZD mit Comoving Distances an. Dort sind die Weltlinien mit z=0 (wir), z=1, z=3, z=10 und z=1000 eingezeichnet. Es fällt sofort auf, dass in dieser Darstellung die räumlichen Abstände zwischen Linien mit gleichem Rotverschiebungszuwachs Delta-z immer enger werden (sogar extrem enger). Die grüne, gestrichelte Linie des Partikelhorizonts steigt, ausgehend vom Ursprung, immer steiler an. Meine Vermutung ist nun, dass es irgendwo eine Weltlinie mit z=unendlich gibt, welcher sich der Partikelhorizont für t gegen unendlich asymptotisch nähert (analog zur asymptotischen Näherung unseres Vergangenheitslichtkegels an unseren Ereignishorizont für t gegen unendlich). Würde meine Vermutung zutreffen, so wäre das zumindest eine Art „Ehrenrettung“ für Beyvers/Krusch.
Kürzlich habe ich begonnen, mich mit den Arbeiten von Klaus Becker zu beschäftigen (siehe hier: http://www.klaus-becker.com) und hoffe, durch die mathematischen Darlegungen von Herrn Becker ein tieferes Verständnis für die gesamte kosmologische Problematik zu erhalten. Dann wird es mir sicher auch möglich sein, meine Arbeitshypothese zu verifizieren oder zu falsifizieren. Bis dahin vergehen allerdings noch etliche Monate, denn erstens wird mir wahnsinnig viel Zeit durch das Berufsleben geraubt (auf das ich aus ökonomischen Gründen leider nicht verzichten kann) und zweitens arbeiten die „Mikroprozessoren“ in meinem Kopf nicht mit allzu hoher Taktfrequenz … 😉
Hallo Herr Philipp, nachdem ich mich nunmehr etwas näher mit dem mathematischen Formalismus der ganzen Angelegenheit beschäftigt habe, möchte ich mich an dieser Stelle nochmals zu Wort melden, da ich glaube, den Sachverhalt jetzt durchschaut zu haben.
1. Meine geäußerte Vermutung einer asymptotischen Näherung des Partikelhorizonts an die Weltlinie mit z=Unendlich erweist sich als unzutreffend.
2. Zutreffend ist folgende Aussage: Der Partikelhorizont ist im Allgemeinen keine Weltlinie – wohlgemerkt: im Allgemeinen. Die Funktionsgleichungen in Abhängigkeit von t nehmen zwar für Partikelhorizont als auch Weltlinien die gleiche Gestalt an, unterscheiden sich jedoch im Allgemeinen hinsichtlich der Grenzen des darin vorkommenden Integralterms. Es gibt allerdings einen Spezialfall, für den die Integrationsgrenzen übereinstimmen. Dieser Fall tritt genau dann ein, wenn ein gegenwärtig existierender Beobachter das Lichtsignal eines Emitters detektiert, welches zum Zeitpunkt t=0 (Urknall) ausgesandt wurde. Also dann und nur dann, wenn ein gegenwärtiger Beobachter sein Augenmerk auf die Gegenwart richtet, ist die proper distance zwischen Beobachter und Partikelhorizont einerseits sowie zwischen Beobachter und Weltlinie mit unendlich hoher Rotverschiebung andererseits exakt ein und dieselbe. Mit anderen Worten: Begibt man sich im RZD an den Schnittpunkt der (horizontal verlaufenden) Gegenwartslinie mit der Kurve des Partikelhorizonts, so verläuft auch jene Weltlinie, die wir mit z=Unendlich kennzeichnen, durch genau diesen Schnittpunkt. Richtet der gegenwärtig agierende Beobachter allerdings sein Augenmerk auf die eigene Vergangenheit oder Zukunft, so ist die Übereinstimmung der proper distances beider Kurven nicht mehr gegeben – der Partikelhorizont ist dort nicht mehr mit der Weltlinie des besagten lichtemittierenden Objektes identisch, wie aus dem RZD ersichtlich ist. Da aber Beyvers/Krusch in ihrer Arbeit einen gegenwärtigen Beobachter implizieren, welcher sein Augenmerk diesbezüglich einzig und allein seiner eigenen Gegenwart widmet, ist deren Aussage hinsichtlich Übereinstimmung von Partikelhorizont und besagter Weltlinie korrekt, d.h. NICHT zu kritisieren. Wohlweislich haben die Autoren in ihrem RZD auf Seite 319 darauf verzichtet, den Partikelhorizont als Kurve einzuzeichnen, sondern lediglich den Schnittpunkt der Weltlinie z=Unendlich mit der Gegenwartsgeraden als solchen markiert.
3. Folgt der Leser meinen Ausführungen unter 2., so könnte eventuell der Eindruck entstehen, unsere aktuelle, gegenwärtige kosmische Epoche zeichne sich gegenüber vergangenen oder zukünftigen Epochen aus. Zwar leitet man in der Literatur solche Vermutungen aus der gegenwärtigen Übereinstimmung der Größenordnungen von Materiedichte und Dichte der Dunklen Energie ab, doch hat dieser Sachverhalt mit dem hier diskutierten Thema nichts zu tun. Vielmehr ist es so, dass das unter 2. Gesagte in gleicher Weise zutrifft, wenn wir uns gedanklich in die Rolle eines (fiktiven) Beobachters hinein versetzen, dessen Gegenwart entweder lange Zeit vor der unsrigen (aktuellen) oder lange Zeit nach der unsrigen (aktuellen) lag bzw. liegen wird. Anders ausgedrückt: Wir lassen in Gedanken die (horizontale) Gegenwartslinie im RZD entweder signifikant nach unten oder signifikant nach oben springen. Überlegen wir uns, welche Auswirkungen diese Änderung unseres zeitlichen (nicht des räumlichen!) Standpunktes im RZD hat. Nun, sowohl die Kurve des Partikelhorizonts als auch die Weltlinie eines jeden konkret betrachteten, seit t=0 Licht emittierenden Objektes bleibt invariant. Was sich aber ändert, ist der z-Wert, mit dem wir jede dieser konkreten Weltlinien zu beschriften haben. Nehmen wir beispielsweise eine Weltlinie, an der in unserer aktuellen (realen) Gegenwart z=3 steht. Begeben wir uns gedanklich in eine Gegenwart, die vor der unsrigen lag (in unserer realen Vergangenheit mithin), so müssen wir der Weltlinie eben dieses kosmischen Objektes einen größeren z-Wert zuweisen, vielleicht z=4. Begeben wir uns gedanklich in eine Gegenwart, die nach der unsrigen liegen wird (in unserer realen Zukunft mithin), so müssen wir der Weltlinie eben dieses kosmischen Objektes einen kleineren z-Wert zuweisen, vielleicht z=2. Genau diese Einsicht ist es nämlich, an der es mir bislang mangelte – woraus meine Unklarheit bzw. Frage resultierte. Diesen Gedankengang fortsetzend, sehen wir uns eine Weltlinie an, an der in unserer realen Gegenwart z=Unendlich steht. In einer früher gedachten „Gegenwart“ war deren z-Wert noch nicht bezifferbar (quasi „hyperunendlich“; das Objekt lag jenseits unseres Partikelhorizonts). In einer später gedachten „Gegenwart“ wird deren z-Wert einen endlichen Betrag haben; das betreffende Objekt wird dann von unserem Partikelhorizont „eingefangen“ worden sein, wird sich also diesseits desselben befinden. Mit fortschreitender kosmischer Zeit sind es also laufend wechselnde Objekte, an deren Weltlinien wir z=Unendlich zu schreiben haben. Für jede Momentaufnahme aber gilt: augenblicklicher Abstand eines Objektes mit z=Unendlich von der Zeitachse = augenblicklicher Abstand der Partikelhorizontkurve von der Zeitachse.
4. Um das unter 3. Ausgeführte noch etwas zu plausibilisieren, sollten wir uns klarmachen, was genau wir meinen, wenn wir Weltlinien mit z-Werten beziffern.
Die vertikale Achse im RZD repräsentiert bekanntlich die kosmische Zeit t, welche dort in linearem Maßstab von unten nach oben aufgetragen ist. Sie beginnt bei t=0 (Urknall), setzt sich fort über t=t0 (aktuelle Gegenwart) bis zu t->Unendlich (unendlich ferne Zukunft im zeitlich offenen Universum). Anstelle der Zeit können wir auch den Skalenparameter a(t) auf der vertikalen Achse auftragen. Wie der Funktionsverlauf a(t) konkret aussieht, hängt vom betrachteten kosmologischen Modell (Friedmannmodell) ab, d.h. von den Dichtewerten der (sichtbaren und dunklen) Materie und der Dunklen Energie (sowie im frühen Universum noch der Strahlung) – Stichwort: kosmologisches Dreieck. Für unser Lambda-CDM-Konkordanzmodell als konkrete Ausprägungsform eines Friedmannmodells existiert also ein spezifischer, monoton wachsender Verlauf a(t), mit den Fixpunkten a(t=0)=0, a(t=t0)=a0=eine Längeneinheit, a(t->Unendlich)->Unendlich. Nun gehen wir noch einen Schritt weiter und verknüpfen den Skalenparameter a(t) mit der Rotverschiebung z, denn bei letzterer handelt es sich um eine beobachtbare Größe. Hierbei gilt stets die Relation z(a)=[a0/a(t)]-1. Damit ist es uns möglich, die Zeitachse als weitere Alternative auch mit z-Werten zu bemaßen, wobei sich folgende Fixpunkte ergeben: z(t=0)=Unendlich [Urknall], z(t=t0)=0 [aktuelle Gegenwart] und z(t->Unendlich)=-1 (unendlich ferne Zukunft). Wie man sieht, erhält man damit einen hochgradig nichtlinearen Maßstab auf der vertikalen Achse.
Unsere hypothetischen Lichtemitter seien so beschaffen, dass sie bereits bei t=0 mit der Abstrahlung von Photonen in unsere Raumrichtung beginnen und dies ohne Unterbrechung bis in alle Ewigkeit fortsetzen.
Zu jedem Betrachtungszeitpunkt (soll heißen: zur realen [aktuellen] als auch zu jedweder gedachten Gegenwart) gehört ein Vergangenheitslichtkegel. Greifen wir uns nun wieder die Weltlinie eines konkreten Emissionsobjektes heraus. Das Licht, welches wir zum Betrachtungszeitpunkt von ihm empfangen, wurde am Schnittpunkt seiner Weltlinie mit dem zum Betrachtungszeitpunkt gehörenden Vergangenheitslichtkegel emittiert. Wir suchen nun den letztgenannten Schnittpunkt auf, ermitteln auf der vertikalen Achse, welcher z-Wert zu diesem gehört und beschriften die Weltlinie mit eben diesem z-Wert. Mit fortschreitender Zeit (Verschiebung der Gegenwartslinie nach oben) bläht sich der Vergangenheitslichtkegel weiter auf. Die von uns herausgegriffene Weltlinie wird den aufgeblähten Vergangenheitslichtkegel erst weiter oben (d.h. bei kleinerem z) schneiden als den ursprünglichen. Daher sinkt der z-Wert, den wir der herausgegriffenen Weltlinie zuordnen müssen, mit wachsender Zeit (wie unter 3. beschrieben).
Hallo Herr Kluge, vielen Dank für die tolle Bereicherung des Artikels zur Größe des beobachtbaren Universums. Da ich kein ausgebildetere Kosmologe bin, wird es ein bisschen brauchen, bis ich Ihre Ausführungen verinnerlicht habe. Doch das wird schon noch … ? Gut ist, dass nun damit etwas Licht ins Dunkle gekommen ist, was die Thematik „Beyvers/Krusch“ und deren Aussagen im Buch anbelangt. Vielleicht melden sich ja immer mal wieder weitere Kosmologie-Experten, die helfen, das Thema noch weiter auszubauen bzw. immer noch verständlicher für alle Kaum-Kosmologen zu machen.
Lesen wir abschließend, was zwei „Evangelisten“ zu dieser Problematik kundtun. Hier wird auf Angelsächsisch bestätigt, was ich auf Sächsisch auszudrücken versucht habe.
Zitat aus Davis, T. M. and Lineweaver, C. H.: „Expanding Confusion: common misconceptions of cosmological horizons and the superluminal expansion of the universe.“ University of New South Wales, Sydney, 2003
„Ambiguity: The depiction of particle horizons on spacetime diagrams
Here we identify an inconvenient feature of the most common depiction of the particle
horizon on spacetime diagrams and provide a useful alternative (Fig. 3). The particle
horizon at any particular time is a sphere around us whose radius equals the distance to
the most distant object we can see. The particle horizon has traditionally been depicted
as the worldline or comoving coordinate of the most distant particle that we have ever
been able to see (Rindler, 1956; Ellis & Rothman, 1993). The only information this
gives is contained in a single point: the current distance of the particle horizon, and this
indicates the current radius of the observable universe. The rest of the worldline can be
misleading as it does not represent a boundary between events we can see and events
we cannot see, nor does it represent the distance to the particle horizon at different
times. An alternative way to represent the particle horizon is to plot the distance to
the particle horizon as a function of time (Kiang, 1991). The particle horizon at any
particular time defines a unique distance which appears as a single point on a spacetime
diagram. Connecting the points gives the distance to the particle horizon vs time. It is
this time dependent series of particle horizons that we plot in Fig. 1. (Rindler (1956)
calls this the boundary of our creation light cone – a future light cone starting at the
big bang.) Drawn this way, one can read from the spacetime diagram the distance to
the particle horizon at any time. There is no need to draw another worldline.“
Hallo Herr Philipp,
interessanter Beitrag, vielen Dank!
Eine Frage habe ich dazu: Ich lese immer wieder, dass aufgrund der beschleunigsten Expansion der sichtbare Bereich des Universums (also das, was Sie „Ereignishorizont“ nennen,) immer kleiner wird. D.h. in unendlicher Zukunft würden wir nicht Objekte sehen, die 16 Mrd. Lichtjahre entfernt sind, sondern bestenfalls noch die eigene Milchstraße, vielleicht sogar nicht einmal mehr diese. Wie passt das zusammen?
Mit besten Grüßen!
Hallo Herr Neukamm!
Ich denke, der Begriff Ereignishorizont ist einfach noch nicht ganz klar und die Sache mit einem stattfindenden Ereignis in bestimmten Entfernungen gegenüber dem Thema Alter eines bereits existierenden Objektes zu einem Zeitpunkt X. Nun gut. Im Abstand von 16 Mrd. Lichtjahren um jedes Objekt im Raum herum (also z.B. auch um unsere Erde herum) befindet sich quasi eine Grenze. Nun nehmen wir z.B. eine Galaxie. Nehmen wir an, diese befindet sich jetzt gerade hinter dieser Grenze (also dem Ereignishorizont) und in ihr findet jetzt in diesem Augenblick eine helle Supernova statt. Dieses „neue“, also gerade entstandene Licht, wird uns auf der Erde nie erreichen, weil das Ereignis, das jetzt gerade stattfindet, jenseits des Ereignishorizontes geschehen ist. Darum heißt dieser Radius auch so. Passiert das gleiche in einer Galaxie in z.B. 10 Mrd. LJ Abstand zur Erde, erreicht uns das Licht hingegen in jedem Fall. Das beobachtbare Universum hat derzeit (aufgrund der beschleunigten Ausdehnung des Raums seit 13,8 Mrd. Jahren) einen Radius von 46 Mrd. Jahren. Eine Galaxie, die sich genau dort befindet, können wir von der Erde aus noch sehen. Findet in der aber eine Supernova statt, wird uns das Licht der Explosion nie erreichen, weil die Galaxie weit jenseits des Ereignishorizontes ist. Nun ist es so, dass sich der Raum zwischen allen Objekten weiterhin beschleunigt ausdehnt, der Ereignishorizont zeitgleich aber nicht. Dieser wächst zwar weiter, steuert aber auf einen Grenzwert zu. So kommt es, dass irgendwann alle Objekte den Ereignishorizont überschreiten werden. Alle leuchtenden Objekte, die es vor dem Überschreiten schon gab (die also schon vorher leuchteten), werden wir auch weiterhin sehen (allerdings mit wachsender Entfernung immer lichtschwächer; es wird also über die Millionen und Milliarden Jahre immer dunkler um uns herum). Alle neuen Leuchterscheinungen bei/in diesen Objekten, die nach dem Überschreiten geschehen, werden wir jedoch (wie oben schon geschrieben) nie sehen können. Anders die Lokale Gruppe, also die unmittelbaren Nachbargalaxien um uns herum. Diese unterliegen wegen der gegenseitigen gravitativen Wechselwirkung nicht der allg. Expansion. Die bleiben uns quasi erhalten. Aber alles andere, was sich jetzt um uns herum befindet, wird immer weiter und weiter weg sein und somit wird es um uns herum immer dunkler und dunkler (der Letzte, in ca. 100 Mrd. Jahren, macht quasi dann das Licht aus :-)). Bezüglich Ihrer Frage: der Ereignishorizont wird nicht immer kleiner. Im Gegenteil: er wird immer größer, nur mit einer immer kleiner werdenden Rate (Grenzwertnäherung). Zeitgleich ist aber alles jenseits der Lokalen Gruppe immer weiter weg von uns – und das auch noch beschleunigt. Uns bleibt in ca. 100 Mrd. Jahren also nur unsere Milchstraße mit ihren Sternen und die paar hundert Nachbar-Galaxien der Lokalen Gruppe, die sich im Radius von ein paar Mio. Lichtjahre um uns herum befinden … Ich hoffe, mit diesen Ausführungen mehr Licht ins Dunkel gebracht zu haben.