#20 | Warum Sonne & Mond am Horizont so riesig groß sind

Folge #20 des Astronomie-Podcast | Weltall für die Ohren

Warum Sonne & Mond am Horizont so riesig groß sind

In diesem Video-Podcast wird geklärt, warum der Mond bei Aufgang/Untergang am Horizont so groß ist. Auch die Sonne erscheint machmal riesig groß am Horizont. Warum sind Mond und Sonne beim Untergang und Aufgang so groß am Himmel?

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Warum Sonne & Mond am Horizont so riesig groß sind

Unser Mond hat einen Durchmesser von 3476 km. Da gibt’s nix zu rütteln. Doch obwohl da nix pumpt und drückt und quetscht, sieht er von der Erde aus betrachtet Mal größer aus, dann wieder kleiner, dann wieder größer … Und so weiter. Genauso ist’s auch mit unserer Sonne. In Folge 18 von Abenteuer Sterne erklärte ich ja, woher der andauernd schwankende Durchmesser des Mondes und der Sonne kommt. Und auch, dass diese Größenschwankungen nicht viel ausmachen. Von der Erde aus betrachtet erscheint uns der Mond als 0,52 Grad großes Scheibchen, dessen Durchmesser um etwa 5,5% schwankt. Die Sonne erscheint uns als 0,53 Grad großes Scheibchen am Himmel und schwankt um etwa 1,7%. Viel ist das also nicht. Beim Mond entspricht das im Vergleich dem Größenunterscheid zwischen einer 1 Euro zu einer 2 Euro Münze, die man aus etwa 2,7 m Entfernung abwechselnd betrachtet.

Doch wenn die Durchmesser so wenig schwanken, was ist dann der Grund, weshalb uns Sonne und Mond immer wieder so derart riiiiiiesen groß am Himmel erscheinen? Teils bis zum etwa 3-fachen Durchmesser … Und warum ist das immer nur dann der Fall, wenn Sonne und Mond direkt am Horizont stehen? Das alles klären wir in dieser Folge. Leider wird’s aber keine absolut glasklare Antwort geben, weil die Wissenschaft dieses Phänomen schlichtweg noch immer nicht 100% klären konnte. Doch zumindest gibt es so etwas wie einen Hauptgrund. Und der ist auch noch sehr plausibel. Somit ist alles wunderbar. Sie werden sehen …

Bevor wir uns an die Antwort heranarbeiten, müssen wir aber unbedingt noch alle Skeptiker überzeugen, die vielleicht noch immer nicht ganz glauben wollen, dass der Mond seine reale Größe definitiv nicht ändert und stets einen Durchmesser von 3476 km hat. Das Gute ist, dass es da gleich eine ganze Reihe an Möglichkeiten gibt, um das zu beweisen. Z.B. kann man den Voll-Mond einfach fotografieren. Einmal wenn er knapp über dem Horizont steht und dann noch einmal, wenn er am Himmel sehr hoch steht. Man wird feststellen, dass beide Monde auf dem Foto gleich groß sind. Wichtig ist, dass man dabei alle Einstellungen am Fotoapparat absolut identisch belässt. Vor allem muss unbedingt die eingestellte Brennweite gleich bleiben. Das ist ein bisschen das Problem an dieser Methode. Da kann sich unbemerkt schnell mal doch irgendeine Abweichung in den Einstellungen eingeschlichen haben. Deswegen empfehle ich andere Beweismethoden. Ach ja: sollten Sie Fotos in den Medien sehen, die einen Riesen-Mond am Horizont zeigen, so sind das ganz gewiss Fotomontagen oder es wurde mit einem großen Teleobjektiv fotografiert.

Die nachfolgenden Methoden halte ich für besser, weil sei eindeutiger sind und sie jeder ausprobieren kann. Schnappen Sie sich einfach irgendein stabileres Papier oder einen dünnen Karton und stanze mit einem handelsüblichen Papier-Locher ein Loch heraus. Sobald der Vollmond über den Horizont gestiegen ist, visieren Sie ihn durch das Loch an. Wenn Sie Ihren Arm mit dem Papier komplett in Richtung Mond austrecken, passt das Mondscheibchen gerade noch so in das Loch im Papier. Dann warten Sie ein paar Stunden, bis der Mond hoch am Himmel steht. Visieren Sie ihn wieder durch das Loch im Papier an. Nun werden Sie feststellen, dass der Mond immer noch so ziemlich genau das Loch im Papier ausfüllt. Der Riesen-Mond am Horizont ist im Laufe der Nacht nicht kleiner geworden, auch wenn er dort oben stehend für unsere Augen eindeutig kleiner aussieht. Statt mit einem gelochten Papier können Sie das auch mit einer Erbse oder einem größeren Stecknadelkopf testen. Strecken Sie Ihre Hand soweit von Ihren Augen weg, bis das Kügelchen den großen Mond am Horizont verdeckt. Diesen Abstand in cm notieren Sie sich. Machen Sie das dann beim hochstehenden Mond, wird immer noch der gleiche Abstand nötig sein, um den Mond abzudecken. Der Mond bleibt also immer gleich groß, egal wo er am Himmel steht.

Ich persönlich demonstriere das Ganze sehr gern mit einem Teleskop. Man braucht dazu lediglich ein Okular, das in Kombination mit dem Teleskop zu einer etwa 120- bis 125-fachen Vergrößerung und gleichzeitig zu einem wahren Gesichtsfeld von etwa 0,53-0,56 Grad führt. Denn dann passt der durchschnittlich 0,52 Grad große Vollmond nämlich gerade noch komplett ins Okular. Betrachtet man den Mond dann ein paar Stunden später, wenn er hoch am Himmel steht, zeigt er sich im Okular immer noch in derselben Größe. Nicht ganz so gut lässt sich das mit einem normalen Fernglas prüfen. Denn darin erscheint der Mond bei Weitem nicht bildfüllend. Und so ist die Größenkonstanz des Mondes nicht so eindeutig zu erkennen wie im Teleskop. Mit der Sonne funktioniert das natürlich ganz genauso, nur muss man vor das Teleskop oder Fernglas unbedingt eine spezielle Sonnenfilter-Folie spannen. Oder Sie machen einen Kopfstand oder betrachten den Mond durch Ihre gegrätschten Beine. Denn sobald das Bild auf dem Kopf steht, ist’s vorbei mit dem Riesen-Mond am Horizont.

Diese einfachen Überprüfungsmöglichkeiten sollten hoffentlich ausreichen, um auch die hartnäckigsten Zweifler davon zu überzeugen, dass Sonne & Mond ihre Größe nicht verändern, auch wenn es mit bloßem Auge betrachtet immer wieder Mal so aussieht.

Um nun zu verstehen, warum uns der Mond am Horizont immer so riesig groß erscheint, müssen wir uns Himmel und Erde mal etwas genauer ansehen. Worauf wir stehen, ist zwar eine Kugel. Doch weil wir so extrem winzig klein gegenüber dem Durchmesser der Erdkugel sind, nehmen wir ihre Krümmung kaum wahr. Es sieht vielmehr so aus, als spiele sich das Leben auf einer flachen Scheibe ab. Einer riesengroßen flachen Scheibe. Und egal, wo wir auch stehen: immerzu stehen wir genau in der Mitte dieser riesigen Scheibe und man sieht in alle Richtungen bis zu ihrem Rand hinaus. Und dann ist da noch der Himmel. Wie eine riesige Hülle spannt er sich komplett über uns auf. Und egal in welche Richtung man blickt: überall scheint er direkt am Scheibenrand zu enden bzw. dort zu entspringen. Geradezu so, als wäre er dort am Rand festgeklebt. Alles was wir über uns sehen, also den blauen Himmel, die Wolken, Sonne, Mond und Sterne, ein paar Planeten, Satelliten und Sternschnuppen, scheint genau auf dieser Hülle zu sein. Die Wolken, aber auch die Sterne. Manchmal sieht man ja direkt, wie durchziehende Wolken den Mond oder die Sonne am Bauch kitzeln. Das alle sieht aus, wie eine riesige, gewölbte Mattscheibe, auf der für uns Erdlinge ein Dauer-Fernsehprogramm gezeigt wird. Von außen betrachtet sieht das Ganze aus wie eine gigantische Schneekugel. Eine große, runde, flache Scheibe, auf der wir Menschen leben. Umhüllt von einer halbkugelförmigen Glasscheibe, auf der das Fernsehprogramm gezeigt wird.

In Wirklichkeit sind alle Himmelskörper natürlich viel, viel weiter entfernt, als die Wolken über uns. Allein der Mond ist schon rund 30 Erdkugeldurchmesser entfernt. Trotzdem sieht es vom Erdboden so aus, als wären Wolken und Sterne ungefähr gleich weit entfernt. Doch nicht nur das. Es sieht auch noch so aus, als wäre der Himmel am Horizont viel viel weiter von uns entfernt als der Himmel direkt über uns. Das gesamt Himmelsgewölbe erscheint uns stark abgeflacht. Wunderbar sehen kann man diese starke Abplattung z.B. an einem sonnigen Tag, wenn am blauen Himmel einige kräftige Kondensstreifen von Flugzeugen stehen, die bis komplett hinunter an den Horizont reichen.

Doch warum erscheint uns das Firmament so stark abgeflacht? Der Weg nach oben kommt uns so kurz vor, weil uns nichts dorthin einen Anhaltspunkt für Entfernung gibt. Da ist nur Luft. Und die ist unsichtbar. In Richtung Horizont hingegen sehen wir immer Landschaft bzw. Landschafts-Flächen. Bis hinaus an den Scheibenrand. Am Meer sind man bis zum Horizont nur Wasser. In der Wüste nur Sand und Dünen. Ansonsten Wiesen, Wälder und Berge. Immer aber sind es weite, zusammenhängende Flächen bis an den Rand hinaus. Ergo muss der Rand und somit der Himmel am Rand sehr weit weg sein. Viel weiter, als die Wolken und Sterne direkt über uns entfernt sind. Unser Hirn meint ein stark abgeflachtes Firmament zu sehen und zeigt uns somit auch eines …

Jetzt brauchen wir nochmal kurz unser Modell. Die Schneekugel. Nimmt man jetzt einen Gummiring, stülpt ihn über das Glas der Schneekugel und schiebt ihn gleichmäßig immer weiter nach unten, dehnt sich der Gummiring zu einem immer größer werdenden Kreis auf. Ganz unten am Horizont ist der Kreisumfang logischerweise am größten. Hätten wir auf den Gummiring 360 einzelne Strichlein gemalt, weil ja jeder Kreis bekanntlich 360 Grad hat, so hätten die einzelnen Strichlein jetzt den größten Abstand zueinander, weil der Gummiring ja so weit aufgedehnt ist. Das bedeutet: Je weiter man in Richtung Horizont kommt, desto mehr spreizt es jedes einzelne Grad auf. Das 0,52 Grad große Mondscheibchen ist also am Horizont maximal weit aufgespreizt. Je höher der Mond im Lauf der Nacht steigt, desto kleiner erscheint uns das Mondscheibchen. Schuld ist unser Hirn, weil es das Himmelsgewölbe als stark abgeflacht interpretiert und uns dann auch so zeigt. Würden wir es nicht plattgedatscht, sondern exakt halbkugelförmig wahrnehmen, wäre der Effekt des Riesenhorizontmondes weg. Denn egal wo der Mond am Himmel steht: er hätte dann immer denselben Abstand zu uns. Doch die Mischung aus Erfahrung, Einschätzung, Vermutung und vermeintlicher Überzeugung lässt uns das Firmament stark abgeflacht erscheinen und unser Hirn projiziert den Mond auf eine Himmels-Wölbung, die in diesem Maße gar nicht da ist.

Damit Sie sich das Ganze noch besser vorstellen können, habe ich Ihnen eine Grafik eingeblendet. Hier sieht man wunderbar, wie die Mondgröße durch Projizierung auf das abgeflachte Himmelsgewölbe verfälscht wird. Am Horizont erscheint der Mond aufgeblasen. Im Zenit geschrumpft. Die echte Mondgröße liegt irgendwo dazwischen. Sie können wir nur sehen, wenn wir die komplette Natur aus dem Bild nehmen und nur den Mond alleine sehen. Also mit nichts drum herum. Eben z.B. im Teleskop. Oder mithilfe des gelochten Kartons. Dann zeigt sich die Mondscheibe immer gleich groß. Mit bloßem Auge ist der Effekt hingegen sofort wieder da, weil unser Hirn so viele Informationen aus der Umgebung mitverarbeitet und teils total falsch interpretiert. Je näher am Horizont, desto intensiver. Mit Sicherheit spielen da noch allerlei weitere Faktoren mit hinein. Die Literatur ist voll von Ideen und Denk-Ansätzen. Viele davon widersprechen sich, viele davon hat man zu den Akten. Doch mit Sicherheit – und davon bin ich überzeugt – ist das abgeflachte Himmelsgewölbe der Hauptgrund für die Mondtäuschung. Das Hirn schätzt Entfernungen im Verhältnis zueinander falsch ein.

Das Ganze merkt man auch schon in kleineren Dimensionen. Ein Maibaum z.B. sieht ziemlich imposant aus. Zumindest so lange er auf dem Boden liegt. Ist er aufgestellt, sieht er in unseren Augen gar nicht mehr sehr hoch aus. Es fehlt eine sichtbare weitläufige Bezugsfläche in Richtung Maibaumspitze. Darum erscheint uns auch ein Auto von einem 50m hohen Turm deutlich kleiner, als wenn wir es auf der Straße aus 50 m Entfernung beobachten. Zwischen Turm und Auto am Boden fehlt eine durchgehende Bezugsfläche parallel zur Blickrichtung.
Doch zurück zu Sonne und Mond. Das Ergebnis ist also: Je höher die stehen, desto mehr schrumpft es die Scheibchen. Je tiefer die stehen, desto aufgeblähter erscheinen sie uns. Wollen Sie öfter eher größere Monde sehen, dann nutzen Sie die Sommernächte. Denn im Sommer ist die Mondbahn über dem Horizont kurz und nur minimal hoch. Im Winter dagegen ist sie lang und reicht maximal hoch am Himmel. Folglich sehen wir im Winter die meiste Zeit eher kleinere Monde. Mit der Sonne ist’s genau umgekehrt. Im Sommer steht sie hoch, also eher kleine Sonnenscheibchen. Im Winter steht sie tief und somit verstärkt es die größeren Sonnenscheibchen.

Ein weiterer Effekt des scheinbar abgeflachten Himmelsgewölbes sind die variierenden Größen der Sternbilder im Laufe einer Nacht. Auch hier gilt: Je tiefer ein Sternbild über dem Horizont steht, desto größer erscheint uns seine gesamte Ausdehnung. Es wird dann immer kleiner, hat im höchsten Punkt am Himmel seine kleinste Ausdehnung und wächst beim Untergehen wieder merklich an. Sehr schön kann man das z.B. beim Sternbild Orion beobachten. Das scheinbar abgeflachte Himmelsgewölbe sorgt auch dafür, dass wir die Winkelhöhe eines Sterns über dem Horizont immer höher einschätzen, als der Stern tatsächlich hochsteht. Der Polarstern erscheint uns etwa 20 Grad höher am Himmel, als er es tatsächlich ist. Den Einfluss auf die Sterne sieht man aber nur, wenn man nicht ausgerechnet am Nord- oder Südpol steht. Denn dort ziehen alle Sterne immer in derselben Höhe am Himmel. Folglich gibt’s auch keine solchen Verzerrungseffekte.

Nun wissen Sie’s. So ist die Sache mit der Mondtäuschung. Das Schöne ist, dass man trotz dieses Wissens immer noch umwerfen schöne Riesen-Monde und Riesen-Sonnen über dem Horizont sieht. Man weiß, wie der Zaubertrick geht, und trotzdem sieht man ihn nicht, wenn er passiert. Das find ich faszinierend. Die Natur hat aber noch ein paar mehr Tricks auf Lager. Z.B. zaubert sie Sonne und Mond manchmal gelborange bis rot an den Himmel. Und sie quetscht beide dabei auch noch zamm … Dazu aber dann mehr in den nächsten Folgen von Abenteuer Sterne.

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