#10 | Das kleinste Teleskop der Welt und was es alles kann

Folge #10 des Astronomie-Podcast | Weltall für die Ohren

Das kleinste Teleskop der Welt und was es alles kann

In diesem Video-Podcast wird geklärt, was das kleinste Teleskop der Welt ist : nämlich das menschliche Auge. Es ist wie ein Teleskop. Was kann unser Auge alles, wie leistungsfähig ist das menschliche Auge (am Nachthimmel)?

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Das kleinste Teleskop der Welt und was es alles kann

Haben Sie von diesem Teleskop schon mal was gehört? Ein echtes Wunderwerk! Es ist klein und super leicht. Man kann es überall mit hinnehmen und es ist in Nullkommanix aufgebaut. Und was man damit alles sehen kann. Beispielsweise einige 1000 Sterne sehen, von denen die schwächsten bis zu etwa 1 Billion Mal schwächer leuchten als unsere Sonne. Hah, und dann noch 6 unserer insgesamt 9 Planeten, die man sehen kann. Ein bis zwei Dutzend Sternhaufen, einige Sternentstehungsgebiete und Galaxien, sowie unseren Mond mit den Mondmeeren und Kratern und ab und auch sogar mal einen Kometen … Und das Beste an dem Ganzen: dieses Miniteleskop kostet nix. Überhaupt nix.

Da schau‘n S‘ jetzt vermutlich ganz schön. Aber genau darum geht’s. Nämlich um ihre Augen. Die sind nämlich das Mini-Teleskop, das alles das im Stande ist zu leisten.

Schauen wir uns das Wunderwerk, und was es alles kann, einfach mal genauer an … Was passiert da, wenn wir unter den Sternenhimmel treten … Die Sterne sind so weit weg, dass das Sternenlicht in Form eines parallelen Lichtbündels in unser Auge einfällt. Es geht zunächst durch die Pupille und dann durch die direkt dahinterliegende Linse. Wie bei einer Glaslinse wird das Licht beim Durchtritt durch die Augenlinse gebrochen und sammelt sich in einem Brennpunkt. Dieser Brennpunkt liegt auf der Netzhaut. In der Netzhaut werden lichtempfindliche Zellen angeregt, die dann über den optischen Sehnerv ein Signal ans Hirn übertragen. Dort wird das auf dem Kopf stehende Bild dann seitenrichtig gedreht. Ein Teleskop macht im Prinzip nichts anderes. Bei einem Linsenteleskop fällt das parallele Lichtbündel durch die Frontlinse, wird gebrochen und in einem dahinter liegenden Brennpunkt vereint. Das im Brennpunkt erzeugte Minibild wird dann mithilfe einer Art Lupe vergrößert betrachtet. Zu dieser Lupe sagt man Okular. Mit einem speziellen Prisma vor dem Okular kann das auf dem kopfstehende Bild gedreht werden. Bei einem Spiegelteleskop tritt das parallele Lichtbündel in den Teleskoptubus ein und wird am unteren Ende von einem gewölbten Spiegel zurückreflektiert in Richtung Himmel und im Brennpunkt vereint. Weil dieser sich im Teleskoptubus befindet, wird der Brennpunkt einfach mit einem kleinen Umlenkspiegel durch ein Loch im Tubus herausgeleitet. Dort wird es dann genauso wie beim Linsenteleskop mit einem Okular und ggf. einem bilddrehenden Prisma betrachtet. In beiden Fällen ist das bildgebende Verfahren also so gut wie identisch wie dasjenige, das im Auge stattfindet. Darum stimmt die Aussage, dass das Auge wie ein Teleskop ist oder umgekehrt ausgedrückt, jedes Teleskop ist im Prinzip ein Riesenauge ist.

Wenn wir uns nun mit der Frage beschäftigen, was unser Augen am Sternenhimmel alles sehen können, dann müssen wir uns noch um die lichtempfindlichen Zellen in unserer Netzhaut kümmern. Die setzen sich nämlich aus etwa 120 Millionen Stäbchen und etwa 6 Millionen Zapfen zusammen. Da es beim Sterneschauen üblicherweise dunkel ist, werden aber so gut wie nur die extrem hell-dunkel empfindlichen Stäbchen durch das einfallende Sternen-Licht angeregt und nicht die überwiegend farbempfindlichen Zapfen. Diese springen nämlich erst ab einer gewissen Helligkeit mit an bzw. übernehmen dann ganz. Unterhalb dieser Helligkeits-Schwelle gibt es also keinerlei Farbinformationen aus dem einfallenden Licht und die Auflösung ist in etwa dreimal schlechter als die am Tag. Das liegt daran, weil die Stäbchen in der Netzhaut viel weniger dicht gepackt angeordnet sind als die Zapfen.

Kommen wir zum Auflösungsvermögen des Auges. Es gibt an, wie klein der Winkel zwischen zwei entfernten Punkten sein darf, damit wir die beiden Punkte gerade noch nicht miteinander verschmolzen, sondern noch getrennt wahrnehmen können. Je nach Kontrastverhältnissen und Gesundheit des Auges kann es im Schnitt noch feine Details in 100 m Entfernung erkennen, die etwa 3 cm Abstand zueinander haben. Das entspricht einem Auflösungsvermögen von umgerechnet etwa 1 Bogenminute. Um am Nachthimmel zwei Sterne gerade noch voneinander getrennt sehen zu können, sind etwa 3,5 Bogenminuten Mindestwinkel erforderlich. Der gut 3-fach schlechtere Wert kommt von den widrigen Lichtverhältnissen bei Nacht. Ach ja: was ist so eine Bogenminute? Stellen Sie sich an den Himmel um sich herum einen Kreis gemalt vor. Der hat logischerweise 360 Grad. Wenn Sie nun davon ein Grad herausschneiden und dieses eine Grad durch 60 teilen, dann erhalten Sie eine Bogenminute. Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen: der Vollmond, wenn er hoch am Himmel steht, erscheint uns in einem Sehwinkel von etwa einem halben Grad. Das sind 30 Bogenminuten. Wollen wir zwei nebeneinander stehende Sterne am Himmel noch trennen können, müssen diese wie schon gesagt so um die 3,3 bis 3,5 Bogenminuten auseinanderstehen. Alles was darunter ist, verschmilzt zu einem Lichtpunkt.

Bevor wir uns um die Himmelsobjekte kümmern können, die wir mit bloßem Auge sehen können, müssen wir uns noch kurz mit dem Thema Dunkelanpassung der Augen beschäftigen. Dank unserer Pupille passt sich unser Auge sehr schnell an dunklere Umgebung an, in dem es die Pupillen einfach weiter öffnet, damit mehr Licht auf die Netzhaut und somit die hell-dunkel-empfindlichen Stäbchen fallen kann. Bis maximal etwa 7-8 mm gehen die Pupillen auf. Ob man den Wert schafft, hängt vom Alter, der Gesundheit und dem Nachtsicht-Trainings-Zustand der Person ab. Oft hört man, dass man die Pupille, je älter man ist, nur mehr auf 5 vielleicht 6 mm aufbekommt und nicht mehr auf locker 8 mm wie es bei Babys der Fall ist. Doch dass die Pupillen auch im gesetzteren Alter noch weit auf gehen, kann man tatsächlich trainieren …

Zusätzlich machen unsere Augen bei Dunkelheit aber auch noch etwas anderes, um noch mehr aus dem wenigen Licht, das in unsere Augen fällt, herauszuholen. Und das ist etwas sehr sehr geniales. Nämlich wird die Netzhaut, sobald es dunkel genug ist und man sich auch schon mehrere Minuten in der Dunkelheit aufgehalten hat, mit sogenanntem Sehpurpur beliefert. Damit erreicht das Auge dann seine maximale Dunkelheits-Leistungsfähigkeit. Dieser chemische Prozess dauert allerdings mindestens 30 bis 45 Minuten. Bis zum Maximum der Leistungsfähigkeit können durchaus auch bis zu 2h Zeit vergehen. Trifft uns in dieser Phase plötzlich helles Licht, wie z.B. von einem Autoscheinwerfer oder einer Taschenlampe, dann wirft es uns je nach Intensität und Dauer der Blendung wieder zurück in Richtung Anfang dieses Prozesses. Darum sollte man beim Sterneschauen lange genug warten, um möglichst viel zu sehen. Und man sollte in der gesamten Zeit tunlichst vermeiden, von irgendwo helles Licht abzubekommen. Damit Astronomen trotzdem ein bisschen Licht haben, z.B. um in einer Sternkarte zu lesen, nutzen sie tiefrotes Licht, das spezielle LED-Lämpchen erzeugen. Das erhält die sogenannte Dunkeladaption der Augen relativ gut.

Erstaunlich an dem Wunderwerk Auge sind vor allem die Resultate dieser beiden Prozesse. Alleine durch die Erweiterung der Pupille auf den Maximalwert von etwa 8 mm in einer dunklen Nacht erhöht sich das Lichtsammelvermögen des Auges gegenüber dem am Tage schon um das 16-Fache. So richtig richtig intensiv wirkt sich allerdings die Sache mit dem Sehpurpur aus. Mit ihm wird der sagenhafte Wert von etwa 1 zu 1 Billion erreicht, die das Auge im Stande ist, Helligkeitsunterschiede zu verarbeiten. Das ist eine gigantische Bandbreite. Das führt dann dazu, dass wir am Nachthimmel Sterne sehen können, die bis zu 1 Billion Mal weniger hell als unsere Sonne sind. Und es führt dazu, dass wir von den insgesamt etwa 300 Milliarden Sterne in unserer Galaxie immerhin bis zu 3000 Stück auf der Nordhalbkugel sehen können, wenn wir an einem sehr dunklen Standort, weit abseits von erleuchteten Dörfern und Städten stehen und die Luft klar und ruhig ist.

Und damit sind wir bei den limitierenden Faktoren angekommen. Ich sagte ja schon, dass es individuell verschieden ist, wie weit eine Person die Pupille aufbekommt. Doch selbst wenn sie es auf die maximalen etwa 8 mm Durchmesser schafft, kann ein gewisses schlimmes Etwas die Pupille daran hindern. Nämlich der durch Kunstlicht aufgehellte Himmel. Je heller der ist, desto weniger weit macht sich ihre Pupille auf. Und diese Kombination führt nun dazu, dass wir in einer Stadt wie München nur noch etwa bis zu 300 Sterne sehen können, anstatt der möglichen 3000 Stück.
Das heißt: will man aussagen, welche Objekte man am Nachthimmel alles sehen bzw. gerade noch sehen kann, dann muss man gewisse Rahmenbedingungen festlegen, auf die sich das Ganze bezieht. Tun wir mal so, als stünden Sie nahe der Alpen, weit ab von Dörfern und kleinen Städten, haben wegen optimaler Witterungsverhältnisse einen klaren, ruhigen und transparenten Himmel über sich. Ihre Augen sind auch schon sehr gut an die Dunkelheit gewöhnt, weil Sie schon seit einer Stunde auf Ihrer Decke liegen und neben Ihnen vielleicht sogar ein lieber Mensch.
Was Sie beiden jetzt alles sehen und entdecken können, das verrate ich Ihnen in der nächsten Folge von Abenteuer Sterne.

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