#8 | Warum brauchen Astronomen so viele und große Teleskope?

Folge #8 des Astronomie-Podcast | Weltall für die Ohren

Warum brauchen Astronomen so viele und große Teleskope?

In diesem Video-Podcast wird geklärt, warum Astronomen so viele verschiedene Teleskope benötigen. Und warum braucht man so große Teleskope und was ist der Vorteil großer Teleskope für Astronomen?

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Warum brauchen Astronomen so viele und große Teleskope?

15 bis 20 Zentimeter. So groß in etwa sind im Durchschnitt die Durchmesser von Amateur-Teleskopen. Mit denen ist schon jede Menge am Nachthimmel zu sehen. Einige herrlich leuchtende Planeten, nebelig-diffuse Galaxien, unzählige Sterne in Form winziger Lichtpünktchen, bizarr-schimmernde Sterngeburtsstädten und kuriose Reste von Sternleichen. Geradezu lächerlich wirken diese Teleskope, vergleicht man die mit den monströsen Megageräten der Berufsastronomen. Die Durchmesser von deren Spiegelteleskopen sind dann mal eben schnell 50-60 Mal größer. Wir reden also von über 10 m Spiegeldurchmesser. In einigen Jahren wird das allerdings gar nix mehr sein, denn dann wird das „European Extremly Large Telescope“ in Chile an den Start gegangen sein und trumpft mit einem Spiegeldurchmesser von 40 Metern auf. Schaut man sich sogenannte Radioteleskope an, dann endet man derzeit bei einem gerade in Betrieb genommenen in China. Das wartet mit schlappen 500m Metallschüssel-Durchmesser auf und löst damit das bisher größte Radioteleskop in Puerto Rico ab, das Mitte der 90er Jahre mal als Schauplatz für einen James Bond Film herhalten durfte. Und Mithilfe der sogenannten Radio-Interferometrie, bei der mehrere kleinere Radioteleskope im Abstand mehrerer Kilometer zueinander aufgestellt werden, werden sogar Parabolspiegel-Durchmesser von mehreren Kilometern möglich.

Ja sind denn die Astronomen Größenwahnsinnig geworden, oder warum machen die das?

Warum die das machen, hat mit dem zu tun, was sie wollen. Nämlich Licht. Viel Licht. So viel Licht aus dem Weltall wie nur irgendwie möglich aufsammeln. Und dazu dann noch ein maximal gutes Auflösungsvermögen. Und das geht beides ausnahmslos nur mit Riesenteleskopen. Denn jede Menge Faktoren sorgen dafür, dass auf unserer Erde nur sehr wenig Licht von den Himmelsobjekten um uns herum ankommt. Allen voran die Entfernung. Denn weil die Himmelsobjekte zig Billionen bis Trilliarden Kilometer entfernt sind, schwächt sich deren Licht auf dem Weg zu uns sehr ab. Weil man Sterne als Punktlichtquelle ansehen kann, gilt nämlich das sogenannte „Abstandsgesetzt“. Das besagt, dass wenn man den Abstand zur Lichtquelle verdoppelt, dass sich dann die Strahlungsintensität auf ¼ reduziert. Vervierfacht man den Abstand, reduziert sich die Strahlungsintensität auf 1/16, usw.. Um dem entgegen zu wirken, muss die Fläche, die das Licht sammeln kann, maximal groß sein. Darum baut man so große Teleskope.

Ein paar Zahlen veranschaulichen das sehr gut. Nehmen wir ein Teleskop mit 10 m Spiegeldurchmesser. Das sammelt bereits 2500 Mal mehr Licht als ein Amateurteleskop mit nur 20 cm Spiegeldurchmesser in der gleichen Zeit. Und es sammelt sagenhafte 2 Millionen Mal mehr Licht, als es die Pupille unseres Auges in der gleichen Zeit im Stande ist zu tun. Deswegen kann man Teleskope durchaus als Riesenaugen bezeichnen. Sie lassen uns auch extrem lichtschwache Objekte bei gleichzeitig hoher Detailtiefe sehen. Wie viele Details man erkennen kann, hängt vom sogenannten Auflösungsvermögen des jeweiligen Teleskopes ab. Das ist der zweite Faktor, der für Teleskope am maßgeblichsten ist. Das Auflösungsvermögen gibt an, wie klein der Winkel zwischen zwei entfernten Lichtpunkten sein darf, dass wir die beiden Lichtpunkte gerade noch getrennt sehen können. Nehmen wir ein von Ihnen wegfahrendes Auto. Je weiter sich das Auto entfernt, desto näher kommen sich die beiden Rücklichter. Der Winkelabstand zwischen den beiden Rücklichtern wird immer kleiner. Nähert sich der Winkel einer Größenordnung von etwa einer Bogenminute, dann ist quasi Feierabend für unsere Augen. Dann ist das maximale Auflösungsvermögen unserer Augen erreicht. Wie viel ist das? Stellen Sie sich den Himmel um sich herum als Kreis mit 360 Grad vor. Von einem Grad der 60-ste Teil ist genau 1 Bogenminute. Stehen zwei Sterne enger als 1 Bogenminute zusammen, können unsere Augen das nicht mehr Auflösen. Ganz anders aber Teleskope – unsere Riesenaugen. Die liegen bereits im Bogensekunden-Bereich. Also von einem Grad am Himmel der 3600-ste Teil. Das Hubble-Teleskop, das im Weltraum herumschwirrt und uns seit über 20 Jahren die vielen tollen Aufnahmen liefert, kann mit einem Spiegeldurchmesser von immerhin knapp 2,5 Meter aufwarten. Rein rechnerisch ergibt sich daraus ein Auflösungsvermögen von 0,05 Bogensekunden. Das ist schon ganz schön WOW! In der Praxis bedeutet das, dass das Hubble-Teleskop aus 1 Kilometer Entfernung gerade noch die Kontonummer auf Ihrer EC-Karte ablesen kann. Doch keine Sorge: noch gibt’s im Weltall keine Geldautomaten …

Aber – und das ist jetzt das Entscheidende und damit sind wir beim Kern bei dieser Folge angekommen: das ist nur das theoretische Auflösungsvermögen! Die Natur des Lichtes selbst begrenzt nämlich das mögliche Auflösungsvermögen. Denn sobald Licht auf irgendein optisches System bzw. ein Hindernis trifft, z.B. den Rand der Pupille oder den Teleskoptubus, kommt es zu Überlagerung von Lichtwellen. Dazu sagt man auch Interferenz. Wirft man zwei Kieselsteinchen gleichzeitig ins Wasser, sieht man wie sich von jedem kreisförmige Wellen auf der Wasseroberfläche ausbreiten und dann ineinanderlaufen, wozu man interferieren sagt. Die Wellen überlagen sich zu neuen Mustern. So passiert das auch mit Licht. Und darum kann das theoretische Auflösungsvermögen eines Teleskops nie erreichet werden.

Bevor aber die Natur des Lichtes zuschlägt, kümmert sich noch etwas ganz anderes, allgegenwärtiges darum, dass wir in Schärfe und Detailtiefe von aufgesammelten Sternenlicht erhebliche Abstriche machen müssen: Nämlich unsere Erdatmosphäre. Sie begrenzt im großen Stil das mögliche Auflösungsvermögen von Teleskopen und auch von unseren bloßen Augen, wenn wir in den Sternenhimmel schauen. Das Ganze zeigt sich am Funkeln der Sterne bzw. im Teleskop in Form von Bildunschärfe. Warum Sterne funkeln, habe ich ja schon in Folge 4 von Abenteuer Sterne erklärt. Schuld ist die Lichtbrechung an unterschiedlich warmen, unterschiedlich dichten und unterschiedlich feuchten Luftschichten und Luftblasen, die dort oben ständig mehr oder weniger stark herumwabern. Und das limitiert das Auflösungsvermögen auf etwa maximal 0,5 Bogensekunden und sorgt für kilometertiefe Falten auf der Stirn von Astronomen. Das macht auch Verständlich wieso sich die großen Observatorien mit den leistungsfähigsten Teleskopen dieser Welt weit hinauf auf Berge von Inseln verschanzen. So z.B. das Observatorium auf dem 4300 m Gipfel des Manua Kea in Hawaii. Denn dort oben in solchen Lagen ist es windstiller und trockener und somit gibt’s weniger Sternen-Gefunkel. Und noch etwas äußerst Wichtiges ist es dort: viiiiieeel dunkler …
Wir Menschen haben nämlich mittlerweile in weiten Teilen der Welt die Nacht mit Kunstlicht vermüllt, weil wir die Nacht scheinbar unbedingt zum Tag machen wollen. Zu diesem Thema, das man auch Lichtverschmutzung nennt, empfehle ich Ihnen die Folge 7 von Abenteuer Sterne zu hören. Das große Problem ist, dass das von uns auf dem Boden gemachte Licht hinauf in die Atmosphäre reflektiert und streut und dort oben dann an den Atomen und Molekülen der Luft fleißig weiterstreut. So entstehen immense Lichtglocken über Dörfern, Städten und Ballungsräumen. Im schlimmsten Fall ist’s so krass, dass man so gut wie gar keine Sterne mehr sehen kann. Und deswegen sind die Astronomen geflüchtet. Weg von Zuviel Licht in der Nacht.
Doch zurück zur eigentlichen Frage: Warum brauchen Astronomen so viele und so große Teleskope? Warum so große, haben wir schon geklärt. Die Astronomen brauchen maximal viel Sternenlicht, das sie sammeln müssen, um die Sterne und das All bestmöglich erforschen zu können. Dabei helfen eben möglichst große Teleskope, mit immer effektiver arbeitenden Detektoren, die immer noch besseres und genaueres Messen, Auslesen und Analysieren des Lichts der Himmelskörper möglich machen. Gleichzeitig sorgen immer bessere Computer dafür, dass zeitgleich immer noch mehr Datenmengen verarbeitet werden können. Und weil wir Menschen ziemlich schlau sind, gibt es mittlerweile sogar Teleskope, die es schaffen, das Wabern der Luft fast auf Null zu minimieren. Dazu mache ich aber mal eine eigene Folge.

Bleibt nun noch die Frage, warum Astronomen so viele unterschiedliche Teleskope brauchen; also unter anderem Röntgenteleskope, Optische Teleskope, Infrarotlichtteleskope oder auch Radioteleskope … Wozu das alles? Dazu muss man wissen, und das erklärte ich ja schon sehr ausführlich in Folge 6, das Licht und Materie miteinander wechselwirkt. Und das über das gesamte Spektrum des Lichtes, nicht nur im optischen Bereich, in dem wir mit unseren Augen sehen können. Und das auch auf völlig unterschiedliche Art und Weise und unterschiedlicher Intensität. Heiße Hüllen von Sternen strahlen z.B. hauptsächlich Ultraviolettes und Röntgenlicht Licht ab. Das ist für unsere Augen unsichtbar. Darum gibt es spezielle Ultraviolett- und Röntgenteleskope, die in der Lage sind, dieses Licht zu messen und so für uns sichtbar zu machen. Auf Infrarot-Teleskope sind wir angewiesen, weil Planeten und Sternentstehungsgebiete relativ kühl sind und somit überwiegend im Infraroten Wellenlängenbereich Licht abstrahlen. Zur Messung der Überreste des Urknalls dienen hingegen Teleskope, die im Bereich der Mikrowellen maximal empfindlich sind. Einige sich ad hoc ereignende Ereignisse im All senden uns wiederum extrem viel Gammastrahlung. Und den Aufbau und die Struktur unsere Galaxie erkunden wir z.B. sehr viel mit Radioteleskopen, die aber unter anderem auch noch bei der Suche nach außerirdischer Intelligenz eingesetzt werden. Übrigens: der Grund, warum gerade die Radioteleskope mehrere hundert Meter große Metall-Schüsseln haben, liegt an der verhältnismäßig großen Wellenlänge der Radiostrahlung. Ist eine Schwingungslänge im Röntgenstrahlungsbereich etwa so groß wie ein Atom und im sichtbaren Licht etwa so groß wie eine Bakterie, so ist sie im Radiostrahlungs-Bereich schon stecknadelkopf- bis fußballfeldgroß. Will man bei einem Radioteleskop eine hohe Auflösung, müssen möglichst viele Wellen auf die Parabolspiegelfläche passen und das führt zwangsläufig zu sehr großen Radioteleskopen. Schaltet man mehrere kleinere Radioteleskope über kilometergroße Abstände zusammen, resultiert mithilfe dieser Technik eine einzige, kilometergroße Schüsselfläche.

Kurzum: Mit dieser großen Bandbreite an Teleskopen haben wir in den letzten 400 Jahren seit Galileo Galilei einen unglaublichen Wissenssprung gemacht. Obwohl fast unvorstellbar weit weg, lesen wir mithilfe unterschiedlichster Teleskope aus dem Licht der Himmelskörper und können Rückschlüsse ziehen auf deren chemische Zusammensetzung, Temperatur, Druck, Magnetfeld-Strukturen, Rotationseigenschaften, Relativ-Bewegungen im Raum und so weiter. Unglaublich ist das.

Helfen tun uns dabei Gerätschaften, die wir zum Detektieren, Aufbereiten und Auswerten des empfangen Lichtes hinten an die Teleskope dranhängen. Z.B ein Fotoapparat. Oder aber ein spezieller röntgenlichtempfindlicher Fotoapparat. Wird nämlich jeder Energie dieses Lichtes eine bestimmte Farbe zugeordnet, können wir Röntgenlicht sichtbar machen. Wie bei einer Röntgenaufnahme beim Arzt sehen wir nicht die Strahlung selbst, sondern nur ihre Hinterlassenschaften auf einem Film. Oder es werden Zeitreihenmessungen gemacht, wo über sog. Lichtkurven periodische oder nichtperiodische Helligkeitsveränderungen von Veränderlichen Sternen sichtbar werden. Ober aber, wir zerlegen mit Spektroskopen das Licht in seine spektralen Bestandteile und untersuchen dann die Charakteristik der Spektren und einzelnen Spektrallinien in ihrem Aussehen, ihrer Intensität, Position und Dicke. Je mehr wir es schaffen, die Spektren aufzudröseln, desto mehr können wir herauslesen. Dazu muss man dann entweder länger belichten, oder aber noch größere Teleskope bauen.

Oder aber, wir schießen so ein Ding einfach ins All … Ob’s das wirklich bringt, das erzähle ich in der nächsten Folge von Abenteuer Sterne …

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