#6.3 | Was Lichtarchäologen noch alles aus Spektrallinien lesen

Folge #6.3 des Astronomie-Podcast | Weltall für die Ohren

Was Lichtarchäologen noch alles aus Spektrallinien lesen

In diesem Video-Podcast wird geklärt, was Astronomen noch alles aus Spektrallinien lesen und wobei die Spektroskopie den Astronomen überall hilft. Aus dem Licht der Sterne lesen sich viele erstaunliche Eigenschaften der Himmelsobjekte heraus.

Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. Ut elit tellus, luctus nec ullamcorper mattis, pulvinar dapibus leo.

Was Lichtarchäologen noch alles aus Spektrallinien lesen

Tja, ja …. Lichtarchäologen. Das ist so ein Begriff … Aber gut, das sind die Astronomen nun mal. Denn sonst was anders hamma ja ned. Nur eben das Licht, das uns die Sterne, Galaxien und Planeten zuschicken. Doch genau in diesem Licht steckt das Objekt der Begierde: nämlich Information. Und die steckt im Licht, weil Licht mit Materie wechselwirkt. Ja, auch weit da draußen tut sie das. Denn das Weltall ist um uns herum aus den gleichen chemischen Elementen aufgebaut, wie unsere Erde. Und wie Materie mit Licht wechselwirkt, haben wir auf der Erde ausprobiert und studiert und festgestellt. Die meisten Informationen, die die Himmelskörper mit dem Licht zu uns tragen, können wir aus dem Licht nicht einfach so ablesen. Wir müssen es auseinander nehmen, um darin mehr und besser lesen zu können. Und genau das machen Astronomen. Sie zerlegen das Licht aus dem Weltall mithilfe von Spektroskopen in seine spektralen Elemente. Dann haben sie quasi einen spektralen Fingerabdruck des Himmelskörpers vorliegen, der durch die Wechselwirkung von Licht mit Materie im oder beim Himmelskörper entstanden ist. Und den untersuchen sie dann ausgiebig und detailliert. Das aber immer mit Respekt. Denn der Fingerabdruck, der den Astronomen da vorliegt, ist alt. Millionen und Milliarden Jahre. Kurzum: Astronomen legen also uralte Informationen aus dem Licht frei und untersuchen diese dann. In gewisser Weise sind Astronomen somit Lichtarchäologen.

Gerade über die sehr nahen Himmelskörper wissen wir dank der Spektroskopie schon jede Menge. Z.B., dass die äußeren Schichten unserer Sonne aus über 90% Wasserstoff, fast 8% Helium und 0,1% schweren Elementen bestehen, allen voran Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Neon. Das Licht der Sonne dient uns auch, um alle unsere Planeten im Sonnensystem spektroskopisch zu untersuchen. Denn sie alle reflektieren das Sonnenlicht zur Erde. Und so kommt es, dass sich so ein Planet wie das rote T-Shirt verhält, das ich in Teil 1 dieser 3-teiligen Folge vorstellte. Das Shirt erscheint uns rot, weil der blaue Lichtanteil vom T-Shirt überwiegend geschluckt wird und im Wesentlichen nur das rote Licht durch Streuung abgestrahlt wird. Betrachtet man das Spektrum, das uns das T-Shirt schickt, dann sieht man ein Regenbogen-Spektrum, weil unsere Sonne ja ein thermischer Strahler ist und demzufolge ein kontinuierliches Spektrum erzeugt, in dem allerdings die blaue Farbe fehlt. Die hat das T-Shirt absorbiert. Genau dasselbe passiert z.B. auch beim Mars. Betrachten wir dessen Spektrum, sehen wir das Sonnenspektrum, jedoch mit einer merklichen Abwesenheit vom blauen Lichtanteil. Darum erscheint uns der Mars, genau wie das T-Shirt, rot. Im Infraroten Anteil des Spektrums zeigt uns der Mars einige schwarze Absorptions-Linien. Sie offenbaren, dass in der Marsatmosphäre Kohlendioxid vorhanden ist. Und weil er auf seiner Oberfläche viel kühler als unsere Sonne ist, erzeugt seine thermische Strahlung im fernen Infraroten eine ausgeprägte Wölbung, wenn man das Spektrum als Kurve aufzeichnet. Aus dem Maximum dieser Wölbung lässt sich eine Oberflächentemperatur von etwa -50 Grad Celsius ableiten.

Auf der Suche nach einem weiteren Planeten, der wie unsere Erde ist, kann die Spektroskopie auch irgendwann hilfreich sein. Denn alle Planeten werden vom Licht ihres Sterns beleuchtet. Das Licht wechselwirkt mit der Oberfläche und der Atmosphäre des Planeten und wird zurück ins Weltall geworfen. Dieses zurückgeworfene Licht enthält dann einen charakteristischen spektralen Fingerabdruck. Unsere Erde erzeugt auch so einen und den kennen wir. Wir müssen also mit Spektroskopen nur so lange nach Planeten suchen, bis wir einen finden, der einen ähnlichen spektralen Fingerabdruck wie unsere Erde hat. Noch geht das nicht, weil unsere Teleskope zu klein sind und man das Licht eines Planeten gar nicht sehen kann. Doch das European Extremly Large Telescope, das in Chile gebaut wird, kann das mit seinem 40 m großen Spiegel schaffen. Da dürfen wir sehr gespannt sein …

In den ersten beiden Teilen dieser 3-teiligen Folge habe ich Ihnen ja ein bisschen was zur Geschichte und Funktion der Spektroskope erzählt und wir haben über Spektren, die Interpretation von Spektren und ganz grundsätzlich über die Entstehung von Spektren gesprochen mitsamt einem kleinen Ausflug in die Quantenphysik … In diesem dritten und letzten Teil der Folge zum Thema Spektroskope, Spektrallinien und Sternenlicht-Lesen stelle ich Ihnen noch 3 weitere sehr relevante Methoden vor, die dem Licht von Himmelskörpern noch ein wenig mehr Details entlocken können, als nur deren Oberflächentemperaturen, Farben, Helligkeiten und chemische Elemente, aus denen sie bestehen. Das ist natürlich scherzhaft gemeint, weil allein das schon unglaublich viel an Information, Verständnis und Wissen über das Universum gebracht hat.

Fangen wir mit einem Effekt an, der einen irgendwie lustig klingenden Namen hat und diesem Namen fast auch noch alle Ehre macht: Der Zeeman-Effekt. Von ihm spricht man immer dann, wenn man plötzlich zweifach oder dreifach sieht. Nein, damit ist natürlich jetzt nicht der Effekt gemeint, der vermutlich eintritt, wenn ein Seemann zu viel Rum getrunken hat. Es ist vielmehr ein sehr nützlicher Effekt, für dessen Entdeckung zwei niederländische Physiker im Jahr 1902 sogar den Nobelpreis bekommen haben. Nämlich Pieter Zeeman und Hendrik Antoon Lorentz. Zeemann stellte fest, dass sich eine Spektrallinie in einem Spektrum immer dann in plötzlich 2 Linien oder in manchen Fällen sogar in 3 Linien aufteilt, sobald man das zu untersuchende Objekt in ein Magnetfeld bringt. Das war eine tolle Entdeckung, von der die Astronomie bis heute sehr stark profitiert. Ein markantes Beispiel ist unsere Sonne. Manchmal entstehen auf ihrer Oberfläche Sonnenflecken, die bis zu etwa fünfmal so groß wie die Erde sind und somit sogar mit bloßem Auge von der Erde aus zu erkennen sind. Aufzeichnungen über derartige Sichtungen reichen bis über 2000 Jahre in unserer Geschichte zurück. Die Menschen rätselten jahrhundertelang über die Natur dieser dunklen Flecken. Erst seit einigen Jahrzehnten wissen wir, dass Magnetfelder, die in den Schichten unterhalb der Oberfläche der Sonne entstehen, daran schuld sind. Überall, wo sie in gebündelter Form die Sonnen-Oberfläche durchstoßen, kann das heiße Plasma nicht einfließen. Diese Stellen sind kühler und erscheinen uns deswegen dunkler. Überhaupt ist die gesamte Aktivität der Sonne durch Magnetfelder bedingt. Dieses Wissen verdanken wir zu großen Teilen dem Zeeman-Effekt. Und Sie können sich vorstellen, dass die Sonne nicht der einzige Himmelskörper ist, bei dem Magnetfelder am Werk sind. Wir finden Sie nämlich überall im Weltall. Kaum ein Himmelskörper, bei dem Magnetfelder keine Rolle spielen.

Die Ursache für Linien-Vervielfachung ist in den Atomen zu suchen bzw. genauer gesagt bei den Elektronen des Atoms. Die Elektronen können im Atom nämlich nur ganz bestimmte Energiewerte einnehmen. Man nennt diese Werte Energieniveaus bzw. stellte ich Ihnen diese im Teil 2 dieser 3-teiligen Folge als Sprossen einer Leiter vor; Ein Magnetfeld kann diese Sprossen bzw. den Sprossenabstand verändern und so ergeben sich dann plötzlich andere Linien, die wir im Spektrum sehen. Ob wir statt einer Linie durch die Anwesenheit eines Magnetfeldes auf einmal 2 oder sogar 3 Linien sehen, hängt von der Ausrichtung des Magnetfeldes bezüglich unserer Beobachtungsrichtung ab.

Auch ein hoher Druck, der in einem Strahler herrscht, hat Einfluss auf das Aussehen der Linien. Umso höher er ist, desto breiter werden die Spektrallinien. Dort, wo höherer Druck herrscht, stehen die Atome enger zusammen, beeinflussen sich dadurch und verändern auch ganz leicht diese Sprossenabstände. Auch dieser Effekt ist für die Analyse von Spektren ein sehr wichtiger.

Einer der wichtigsten Effekte für die Astronomie überhaupt, ist der sogenannte Doppler-Effekt. Verdoppeln tut sich da allerdings nichts. Der Effekt heißt nur so, weil ihn der österreichische Physiker Chistian Doppler als erster beschrieben hat. Der Doppler-Effekt sorgt dafür, dass Spektrallinien verschoben werden. Und das passiert, wenn sich der Abstand einer Lichtquelle gegenüber unserer Beobachtungsposition verändert. Den akustischen Doppler-Effekt kenn jeder von Ihnen. Schaut man z.B. bei einem Formel-1 Rennen zu, dann hört sich ein verbeiflitzendes Rennauto in etwa so an …. Zzzzzzzzmmmm ….. Der Ton wird erst immer höher und sobald das Auto an ihnen vorbei ist wird der Ton tiefer und tiefer. Was da passiert, kann man sich grob gesagt so vorstellen: Das Fahrgeräusch des Rennautos erreicht ihre Ohren in Form einer Schallwelle. Nähert sich das Auto Ihren Ohren, schiebt es diese Welle quasi vor sich immer mehr zusammen. Je mehr eine Welle gestaucht wird, desto höher wird ihre Schwingungsfrequenz und somit der Ton. Ist das Auto auf Ihrer Höhe, hören Sie den echten Ton, den das Auto von sich gibt. Sobald das Auto aber an Ihnen vorbei ist, zieht es die Schallwellen auseinander. Die Schwingungsfrequenz verlangsamt sich also immer mehr und damit wir der Ton eben immer tiefer und tiefer.

Und jetzt kommt’s. Genau dasselbe passiert auch mit Licht. Denn Licht tritt auch als Welle in Erscheinung. Und so kommt es, dass eine Lichtquelle, die auf Sie zusaust, quasi die Welle vor sich zusammenschiebt. Die Frequenz erhöht sich damit. Und das hat zur Folge …? Na ….? Genau! Das Licht wird blauer. Korrekt gesagt, verschiebt sich das gesamte Spektrum zu kürzeren Wellenlängen hin. Entfernt sich hingegen die Lichtquelle immer mehr von Ihnen, zieht es quasi die Wellen von Ihnen aus gesehen in die Länge. Die Frequenz wird also niedriger und somit das Licht immer röter. Das gesamte Spektrum verschiebt sich hier also zu längeren Wellenlängen.
Die Astronomen drücken das in Kurzform als Blauverschiebung aus, wenn die Lichtquelle sich auf uns zu bewegt. Und als Rotverschiebung, wenn die Lichtquelle sich von uns entfernt. Wir kennen von irdischen Labortests z.B. das Linienspektrum von Wasserstoffgas. Beobachten wir ein solches Gas nun im All, dann sehen wir die gleichen Linien. Bewegt es sich allerdings von uns weg, sind die Positionen aller Linien einen mini-winzigen Tick nach rechts verschoben.

Eine coole Sache, dieser Doppler-Effekt. Wir können mit ihm alle möglichen Relativbewegungen zur Erde sichtbar machen. Also z.B., ob sich eine Galaxie, ein Stern oder auch ein Planet auf uns zu oder wegbewegt. Je größer der Linienversatz im Spektrum ist, desto schneller bewegt sich das Objekt relativ. Und es geht sogar noch mehr. Nämlich Rotationen. Denn bei einem rotierenden Himmelskörper bewegt sich ja immer einer Seite von uns weg und zeitgleich die andere auf uns zu. Damit kann man die ganze leuchtende Fläche des Sterns untersuchen. Je nachdem, wo man gerade hinschaut und prüft, sind die Linien entweder ins Blaue verschoben, oder ins Rote. Schaut man sich hingegen einen rotierenden Stern im Ganzen an, dann zieht es die Spektrallinie gleichzeitig nach links und rechts und somit in Summe auseinander. Und je schneller der Stern rotiert, desto größer wird der Effekte. Und auch bei der Messung der Expansion des Universums und beim Aufspüren von Planeten bzw. erdähnlichen Planeten hilft uns der Doppler-Effekt. Theoretisch könnten wir mit unseren Augen die Farbverschiebungen sehen. Doch die Objekte sind so derart weit von uns weg, dass die Verschiebungen winzig sind und damit auch ziemlich schwer zu messen sind.

Apropos schwierig: Das sind auch die Analysen von Messungen der sogenannten Polarisation des Lichtes, womit wir beim letzten Beispiel in dieser Folge angekommen sind. Sie kennen vielleicht Polarisationsfilter für Fotoapparate oder auch Polarisationsbrillen. Die nutzen viele Angler, weil so eine Brille die hellen Blendungen auf der Wasseroberfläche stark mindert. Das funktioniert so. Licht sind ja schwingende elektrische und magnetische Felder. Und die Polarisation beschreibt, in welche Richtung die Felder bezogen auf die Bewegungsrichtung des Lichtes schwingen. Jedes Lichtteilchen, man sagt auch Photon dazu, hat eine andere Schwingungsrichtung. Trifft Licht auf eine Wasseroberfläche, dann tendiert diese dazu, nur die Photonen zu reflektieren, deren elektrische Felder parallel zur Wasseroberfläche schwingen. Der Rest wird überwiegend vom Wasser verschluckt. Eine polarisierte Sonnenbrille blockiert nun genau diesen Lichtanteil … und zack, ist die Blendung verschwunden.

Das macht man sich auch in der Astronomie zu nutze. Denn Staub in interstellaren Gaswolken polarisiert Licht. Empfangen wir von einem fernen Himmelsobjekt polarisiertes Licht, dann sagt uns das etwas über die Art und die Struktur des Staubs in der Wolke. Die Analyse eines solchen Lichtes ist allerdings sehr aufwendig. Doch ungeachtet dessen, ist es eine weitere beachtenswerte Quelle, um über das Universum mehr zu wissen.

Ich finde es erstaunlich, wie viele Informationen wir mithilfe der Spektroskopie aus dem Licht der Sterne lesen können. Ich finde es cool, dass diese im Licht versteckten Information Trillionen und Trilliarden Kilometer an Entfernung trotzen und wir uns die Sterne somit direkt vom Himmel in unsere Labore geholt haben. Unser Wissen über das Weltall ist dank der Natur des Lichtes und der Entdeckung seiner spektralen Zerlegung geradezu explodiert. Ich finde das toll, dass das so ist. Denn es ist die Basis für noch viele weitere Folgen von Abenteuer Sterne …

Nach oben scrollen