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Seit über drei Milliarden Jahren verändert sich die Mondoberfläche so gut wie nur noch durch das Bombardement von Kometen und Asteroiden. Weil unser Erdtrabant um etwa das 80-Fache weniger an Masse hat, kühlte er seit seiner Entstehung vor circa 4,5 Milliarden Jahren schneller aus. Er gilt deshalb als geologisch tot – also ohne irgendeine innere Aktivität (z.B. in Form von Vulkanausbrüchen).
Doch 2014 fand eine Gruppe an Forschern der China University of Geosciences heraus, dass zumindest der unmittelbare Bereich um den festen Kern des Mondes gar nicht so tot ist. Die Forschergruppe um Yuji Harada aus Wuhan schlossen aus ihren Untersuchen, dass es an der tiefsten Stelle des Mond-Mantels (in der Grafik dunkelrot gekennzeichnet) ein paar Prozent an Gesteinsschmelze gibt, die den flüssigen, äußeren Kern des Mondes (in der Grafik orange dargestellt) umhüllt. Diese flüssige Schicht, die aus einer Eisen-Nickel-Legierung besteht, ist nur etwa 80 Kilometer dick. Der eigentliche Kern (gelb) ist fest, misst etwa 440 Kilometer im Durchmesser und besteht ebenso aus metallischem Nickel und Eisen. Zum Vergleich: der metallische, massereiche und rund 6000°C heiße Erdkern hat mehr als den zehnfachen Durchmesser (6940 Kilometer).
„Schuld“ an der teilweisen Verflüssigung ist die sogenannte Gezeitenreibung mit der Erde. Der Mond verformt sich nämlich bei seinem Umlauf um die Erde stetig. Dies rührt daher, dass der Mond zwar mit einer konstanten Geschwindigkeit um seine eigene Achse rotiert, seine Bahn um die Erde jedoch leicht ellipsenförmig ist. Durch diese Verformungen entsteht im festen Gestein des Mondes durch Reibung Wärme und somit im tiefsten Bereich des Mondmantels eine teilweise Aufschmelzung des Gesteins.
Bislang nahm man aufgrund vieler Untersuchungen an, dass die Wärmeentwicklung durch Gezeitenreibung einfach nicht ausreicht, um das gesamte Innere des Mondes merklich zu erhitzen. Beschränkt man jedoch die Gezeitenreibung nur auf den kernnahen Bereich des Mondmantels, dann reicht diese aus, um das Material teils aufzuschmelzen. Genau das haben die Wissenschaftler um Yuji Harada als Grundlage in ihren Computer-Simulationen festgesetzt. Seither stimmen auch die mit Raumsonden erfassten Verformungen des Mondes mit den Ergebnissen der numerischen Simulationen überein (d.h. sehr gute Reproduzierbarkeit).
Für ihre Simulationen nutzten die Forscher die Messdaten der Umlaufbahnen verschiedener Mondsonden und Mondorbiter (beispielsweise die der japanischen Sonde Kaguya). Denn schon geringste Verformungen des Mondes lassen sich aus diesen hochpräzisen Daten ablesen. Zusätzlich griff das Forscherteam auf die zur Erde gefunkten Daten der Seismometer zurück, die in den Apollo-Missionen Ende der 1960er- bis Anfang der 1970er-Jahre von den Astronauten auf dem Mond aufgestellt wurden. Maßgebend sind bei den Erdbebenwellen in erster Linie die sogenannten Scherwellen (auch als S-Wellen bezeichnet). Diese werden nämlich in Flüssigkeiten nicht weitergeleitet. Sobald ein wenig Gesteinsschmelze bei dem zu vermessenden Körper vorliegt, reduziert sich die Geschwindigkeit dieser Scherwellen. Zusammen mit den Messungen des Mond-Schwerefeldes konnte so der Schichtaufbau des Mondes abgeleitet werden und die Dicke der Schicht, die das teils aufgeschmolzene Material enthält, mit etwa 80 Kilometer bestimmt werden.